Seite - 224 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Böhmen (2), Band 15
Bild der Seite - 224 -
Text der Seite - 224 -
224
Ausführung der Arbeit beschäftigten Kräfte, die bei umfangreicheren Unternehmungen sich
in der unmittelbaren Umgebung kaum in hinlänglicher Menge fanden, sondern auch der
Laienbevölkerung entnommen werden mußteu, iu immer weitere Kreise drang, um so
rascher konnte das Laienelement seine selbständige Fortbildung in der Kunstübung und die
Vollziehung bestimmter, seiner Arbeitssphäre angepaßter Aufträge übernehmen. Setzte
dasselbe schon in der Mitte des XII. Jahrhunderts mit der Berufung des aus der Ferne
gekommenen, den Bau der Prager Georgskirche führenden Steinmetzmeisters Wernher ein,
die allein vollauf verbürgt, daß man bereits damals in der Heranziehung eines Laien-
baumeisters selbst für ein Nonnenkloster nichts Anstößiges, sondern wahrscheinlich etwas
schon in Übung Stehendes nnd somit Unauffälliges sah, so mußte es bei der reichen Bau-
thätigkeit des XIII. Jahrhunderts an Bedeutung gewinnen. Wenzel II. rühmte dem Meister
Robert, einem Bürger der Prager Kleinseite, nach, daß er an praktischer Erfahrung in der
Baukunst alle anderen in Böhmen überträfe; die in Prag bereits zu Beginn des XIV. Jahr-
hunderts nachweisbare Beschäftigung des Maurers Rudolf, der Meister Albliu und
Pillnng, der 1255 in Neuhaus beschäftigte Steinmetz Heinrich, der im Dienst Woks von
Rosenberg stehende Berthold, die vom Brevnover Abt Bavor aufgenommenen Meister
Peter und Nikolaus bezeugen unbestreitbar, daß alle Bevölkerungsschichten des Landes
den überall auftretenden und sich bewährenden Laienkünstlern ausreichende Beschäftigung
und damit zugleich auch Gelegenheit zu weiterer Vervollkommnung boten. Da aber gleich-
zeitig, wie die Goldschmiede Gottfried uud Konrad in Prag, Meister Siegfried oder die
in verschiedenen Städten auftauchenden Schreiber Hermann in Brüx, Nikolaus iu Kolin,
Heinrich und Otto in Prag, Konrad in Pribislau und andere bestätigen, die Laienkunst
sich an verschiedenen Orten auch auf anderen Gebieten mit Erfolg bethätigte, so war
offenbar während des Eindringens der Frühgothik in Böhmen die Kunstübung aus den
Händen der Geistlichen nahezu ganz in die der Laien übergegangen, neben welchen jene
immer seltener als ausübende Künstler auftraten, wenn sie auch noch hier und da sich als
solche versuchten.
Wie die Katastrophe auf dem Marchfelde und der Tod des prachtliebenden, kunst-
freundlichen Königs im Verein mit der unmittelbar darauf nicht besonders günstigen
allgemeinen Lage des Landes eine vorübergehende Störung in die gleichmäßige Fort-
entwicklung des Kunstbetriebes brachten, die sich unter Wenzel II. überraschend schnell
wieder behob, so trat eine solche auch nach dem tragischen Tode Wenzels III. ein, da die
darauffolgenden nächsten Jahre mit ihren mannigfachen Unruhen und Kämpfen das
Interesse an Kunstschöpfungen zurückdrängten, ja die Ausführung mancher bereits
begonnener hintanhieltcn. Nachdem aber die Frage der Herrschaft über das Land
ihre Lösnng gefunden hatte und allmälig ruhigere Verhältnisse sich eingestellt hatten,
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Band 15
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (2)
- Band
- 15
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1896
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.07 x 22.35 cm
- Seiten
- 708
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch