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des Baues sich bis 1358 hinzog, lassen sich manche Details eines Stilnmschwnnges
gerade hier gut verfolgen. Die wenig beachtete, gut erhaltene Stadtkirche zu Tachau, an
deren Westseite ein mächtiger Thurm über einer Durchgangshalle ansteigt, zeigt in einigen
der hohen Chorfenster alte geschmackvolle Maßwerkbildungen, die uns iu den Mittelschiffs-
fenstern nnr vereinzelt begegnen. Die Prager Altneusynagoge hält geradlinigen Abschluß
des zweischiffigeu Langhauses fest. Die 1311 geweihte, später bedeutend veränderte
und umgebaute Laurentiuskirche in Nen-Bydzov läßt noch die Anordnung des Chores
und die Dreitheiligkeit des Langhauses sicher erkennen. Aus derselben Zeit stammte die
dreischissige und dreijochige Teynkirche in Prag, die nach den 1890 vorgenommenen Aus-
grabungen ein vorspringendes Presbyterinm und eine unter letzterem angeordnete Krypta
besaß; von ihren beiden Fa^adenthürmen war bis vor kurzem der südliche als sogenannte
Lndmilakapelle erhalten, in welcher man lange Zeit Überreste eines Boleslav'schen oder
Svatoplnk'schen Baues erkennen wollte.
Von sicher bestimmbaren Profanbauten bieten die wegen der noch zu erwähnenden
Wandgemälde interessanten Theile des Schlosses zu Neuhaus selbst in den alten Theilen
der Burgkapelle keine hervorragend charakteristischen Architekturdetails. Wie beschränkt auf
manchen Adelssitzen der Burgkapellenraum war, zeigt am besten die kleine zweijochige
Anlage desselben im Krumauer Schloß. Zu bedauern ist ganz besonders der Verlust der
Raudnitzer Elbebrücke, die unmittelbar unter französischem Einflüsse entstand, Quaderban
mit Gußmauerwerk im Pfeilerkerne vereinte und mit dreieckigen Vorhäuptern zum Schutz
der Pfeiler besetzt war. Letztere treffen wir auch bei der alten Brücke in Pifek, deren Auf-
führung vielleicht durch die Raudnitzer Elbebrücke oder die Prager Karlsbrücke beeinflußt
wurde. Mit der Vernichtung der nach dem Muster des Lonvre restanrirten Prager Kvnigs-
bnrg, die nächst Karlstein wohl der wichtigste und interessanteste Profanbau der Gothik
war, ging eines der werthvollsten Denkmale unter, das über das Einsetzen der Eonstrnction
und Decoration französischer Gothik in Böhmen die vielseitigsten Aufschlüsse vermitteln
konnte.
Kam schon mit dem ersten Auftreten des Markgrafen Karl von Mähren ein frischer
Zug in das Kunstleben Böhmens, der auch andere, vor allen König Johann selbst mitriß,
so erschloß sich letzteres doch erst zur vollsten Blüte, als Karl die Lenkung der Geschicke
Böhmens uud Deutschlands zufiel. In Prag erstand seit 1348 die nach den genauen
Angaben des Kaisers angelegte Neustadt, deren weitgestrecktes Terrain geradezu eine
ungewöhnlich rege Bauthätigkeit herauszufordern schien. Allein sie beschränkte sich nicht
auf die Neustadt, sondern dehnte sich anch auf alle anderen Stadttheile aus. Denn ueben
dem Bau des Doms, des Chors der Allerheiligenkirche und der Moldaubrücke beschäftigte
die Bauführung der Klöster Emans und Karlshof, St. Katharina nnd Maria Schnee,
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Band 15
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (2)
- Band
- 15
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1896
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.07 x 22.35 cm
- Seiten
- 708
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch