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Augustiner-Chorherrenbauten in Sadska und Wittingan. Die Sadskaer Kirche, auf einer
mäßigen Anhöhe gelegen und weithin in der ringsum sich ausbreitenden Ebene sichtbar,
betont anfs entschiedenste die Kreuzform, da au den aus fünf Seiten des Achtecks constrnirten
Chor, dem noch ein Gewölbejoch des Presbyteriums vorgelegt ist, zu beiden Seiten der
Vierung sich zwei mit gleichem Schlüsse ausgestattete Arme anschließen und der westlich von
der Vierung vortretende Thurm, dessen Untergeschoß nach der Wölbnngsart uud dem
seulpirten Schlußsteine sich als ursprünglich erweist, den Ansatz eines vielleicht ehedem
länger projectirten Kreuzstammes markirt. Der 1362 geweihte Bau hat trotz Über-
arbeitungen des Äußern das Wesentliche seiner charakteristischen Anordnung gut bewahrt.
Fast ebenso verhält es sich bei der Anlage des von den Rosenberger Herren gegründeten
Stiftes Wittingan. An der Nordseite der zweischissigen Kirche, deren Langhauswölbungen
auf vier schlanken, in der Mittellinie stehenden Säulen ruhen, zieht sich ein trefflich
erhaltener Kreuzgang mit einer östlich vortretenden Kapelle hin; die Wölbungen desselben
sind überall unversehrt, die Consolen für die Rippenansätze sauber gearbeitet. Das
Presbyterium ist nicht als Fortsetzung eines der beiden Schiffe angeordnet, sondern den-
selben gemeinsam, lang gestreckt und mit polygonalem Schlüsse ausgestattet. Der West-
thurm ist ähnlich wie bei der Prager Stefanskirche angeordnet. Die decorativen Details
der Schiffssäulen sind sehr fleißig und sorgfältig ausgeführt und die Maßwerkbildungen
im Allgemeinen von spätgothischen Willkürlichkeiten frei. Die Fertigstellung des Baues
erfolgte erst gegen das Ende des XIV. Jahrhunderts. Ein Vergleich der in Böhmen
während des XIV. Jahrhunderts entstandenen Augustiner- Chorherrenanlagen beweist, daß
für dieselben sich nicht ein bestimmter Typus wie bei den Cisterciensern ausgebildet hatte,
indem wir in Raudnitz, Karlshof, Sadska und Wittiugau grundverschiedene Kirchenbauteu
finden und sich auch das Eintheilnngsverhältniß der Kreuzgänge in Raudnitz und in
Wittingau nicht vollständig deckt.
Welch imposante Bauten die Augustiuereremiteu aufführten, zeigt besonders die
heutige Stadtkirche zu Ehren des heiligen Kreuzes iuLeitomifchl, ein nnter den Denkmalen
der Gothik im Allgemeinen wenig beachtetes Werk. Im Basilicatypus aufgeführt, erweist
sie sich bei einem drei Gewölbejoche nebst polygonalem Chorschluß umfassenden Pres-
byterium uud dem füufjochigeu Langhause, dessen Seitenschiffe zur halbeu Mittelschiffshöhe
ansteige» und deren nördliches durch Einziehen einer Gallerie später untertheilt wurde,
als einen nngemein geräumigen Bau, dessen Eintheilnng die Fa^adenstrebepfeiler markiren;
zwischen letzteren ist ein ziemlich hohes, theilweise verunstaltetes Spitzbogenportal und
über diesem ein dreitheiliges ansprechendes Maßwerkfenster eingestellt. Die an der Südseite
des Presbyteriums angebaute Jofefskapelle mit den zierlich geschmückten Schlußsteinen
uud den ausdrucksvollen Köpfen im Scheitel der Spitzbogenfenster ist trefflich ausgeführt.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Band 15
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (2)
- Band
- 15
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1896
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.07 x 22.35 cm
- Seiten
- 708
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch