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Sechzehnecks eingestellt wurde, womit ein Pfeiler in die Mittellinie der Kirche tritt und
je vier Kapellen rechts und links von demselben angeordnet erscheinen. Letztere sind wie
die Koliner Kapellen durch mächtige dreieckige Mauerpfeiler geschieden, die breite Blind
selber nach anßen kehren. Ebenso deckt sich die Verschiedenheit in der Wahl des Chorschlnß-
nnd des Kapellenkranzpolygons in Kuttenberg und Kolin, indeß die Übereinstimmung
in den Maßwerkbildungen, in den Profilen der Fenster, der Schiffs- und Wandpfeiler
fast für die Benützung der gleichen Schablonen bei beiden Bauten zn sprechen scheint.
Das durchbrochene Trisorium, welches unter den über die ganze Wandbreite ausgedehnten
mächtigen Oberlichtern angeordnet ist, und der reiche Strebe-Apparat verweisen anf das
Analogon des Prager Doms, dessen genialer zweiter Baumeister hier sein überwältigendes
Ideal eines großen Kirchenbaues verwirkliche» zu können glanbte. Allein nur die Chor-
anlage, die Anordnung nnd wahrscheinlich theilweise auch die Ausführung des Kapellen-
kranzes dürfen Peter Parler zugeschrieben werden, dessen Plan bis zum Ausbruch der
Husitenkriege eingehalten wurde, dcuu der Bau schritt nur langsam vorwärts, da zu dem
zuletztgenannten Zeitpunkt der Chor noch ohne Hauptwölbung stand. Die Weiterführung
des über den Kriegsunruhen ganz ins Stocken gekommenen Werkes blieb der für Böhmens
Kunstleben nicht unwichtigen Regierungszeit Wladislaws II. vorbehalten, so daß an der
Kutteuberger Barbarakirche zwei verschiedene Richtungen der Gothik in Böhmen zum Worte
gelangten.
Dieser herrliche Bau ist das letzte Werk, welches dem Meister, der schou den Höhe-
punkt seines Schaffens erreicht hatte, übertragen wurde. Hier zeigte er auf dem Boden
desselben Gedankens, welche Fortschritte er seit der Übernahme des Koliner Chorbaues
gemacht hatte, wie seine Anschauungen reifer und abgeschlossener geworden waren. Seine
Werke lassen Peter Parler als eine scharf nmriffene Künstlerindividualität erkennen. Als
Baumeister bevorzugte er gewissermaßen unter dem Einfluß der in Köln und Gmünd
genossenen Ausbildung die den Gmünder Meistern offenbar sehr zusagende Anlage mit
Chornmgang und Kapellenkranz, wobei er die vielleicht aus württemberg'scheu Mustern
erwachsene Neigung, einen Pfeiler der Choranlage ins Kirchenmittel zu stellen, mit einer
gewissen charakteristisch werdenden Vorliebe hervorkehrte. Schlanke Verhältnisse des Auf-
baues, Kühnheit der Coustruetion, starke Gliederung der Rippen und Pfeiler, das Streben
nach Vermittlung reicher Lichtfülle durch mächtige Maßwerkfenster und Anordnung eines
Triforinms traten überall zu Tage. Eiu reiches Strebesystem brachte Bewegung und
Abwechslung in den Außenbau, dessen dünne Fialen, hohes Hauptgesims und Gallerie
gleich den Fischblasen des Maßwerkes das Eindringen der Spätgothik ankünden. Die bei
den Portalbildungen des Doms nnd der Teynkirche auftretende Verwendung des Rund-
bogens bereicherte den damaligen Formencanon nm ein Motiv, welches gleichzeitig nirgends
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Band 15
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (2)
- Band
- 15
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1896
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.07 x 22.35 cm
- Seiten
- 708
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch