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Gothisches Motiv vom Pulverthurm in Prag.
der einzelnen Bauglieder noch nicht vollkommen abgeklärt. Daß auf plastischen Schmuck
Bedacht genommen war, zeigen die für Statuenaufnahme berechneten Consolen der Schiffs-
pfeiler. Ein hübsch profilirtes Portal ziert den Treppenaufgang zu dem westlich angeordneten
Musikchor, dessen Brüstung Vierpässe in guter Linienführung füllen. Die Seitenschiffe
bewahren die alte einfache Kreuzwölbung, welche auch für das Netzgewölbe des Mittel-
schiffes den Grundgedanken vermittelte, da in jeder Jochabtheilung zwei Kreuzgewölbe,
deren Rippen parallel laufen und sich durchschneiden, nebeneinander angeordnet wurden.
An dem Thürsturz des nördlichen Haupteinganges, dessen Leibungen drei Hohlkehlen mit
entsprechendem Stabwechsel gliedern, fesseln zwei ziemlich derb ausgeführte Köpfe. Die
dem genannten Portal vorgelegte Vorhalle zeigt in dem krabbenbesetzten Spitzbogen,
neben welchem rechts und links stark beschädigte Fialen ansteigen, in der Anordnung der
zur Füllung der Zwischenräume bestimmten Wappen, von denen das mit der fünfblättrigen
Rose dem um die Förderung des Kirchenbaues verdienten Herrengeschlecht gilt, und in
den oruameutaleu Zuthaten eine dem Parler'schen Geschmack verwandte Neigung znr
Decoration des Äußern durch plastische Beigaben. Der untere Theil des Thurmes entstammt
einem älteren Bau. Die wie in Mühlhausen an der Nordseite des Presbyteriums ange-
baute Sacristei bewahrt eine schöne Netzwölbung, deren Ausführung gleichfalls dem
Meister Johann übertragen wurde. Die Abtreppungen der hohen Strebepfeiler, welche
auch an Mühlhausen erinner», treten bei einfacher Deckung verhältnißmäßig nur weuig
vor. Ob die EinWölbung des Kirchenbaues wirklich innerhalb der vertragsmäßig aus-
bedungenen drei Jahre vollendet wurde, muß fast bezweifelt werden, da eine einst in der
Sacristei aufgefundene Tafel die Aufzeichnung enthielt, daß der ans Krumau gebürtige
Bischof Matthias 1439 die Veitskirche consecrirt habe; doch war die Wölbung gewiß noch
vor den Hnsitenkriegen fertig geworden und verschob sich die Weihe wahrscheinlich nur
mit der während der Unruhen langsamer fortschreitenden Innenausstattung, von welcher
sich ein zierlich aufgebautes Sacrameutshäuschen erhielt, bis zur Wiederkehr geordneter
Verhältnisse.
Die Ägidikirche in Mühlhausen und die Veitskirche in Krumau bieten die
wichtigsten Aufschlüsse über die von Meistern slavischer Herkunft gepflegte Richtung,
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Band 15
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (2)
- Band
- 15
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1896
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.07 x 22.35 cm
- Seiten
- 708
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch