Seite - 268 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Böhmen (2), Band 15
Bild der Seite - 268 -
Text der Seite - 268 -
2K8
spätgothischer Decoration ausgestatteten steinernen Chorschranken. Was ihm in Prag die
Überweisung des Pulverthurms vermittelte, eine hohe Fertigkeit hinsichtlich des Decora-
tiven, trat anch bei der Barbarakirche zu Tage, in deren Banführnng nach ihm der königliche
Baumeister Benedict Rieth eintrat. Derselbe wölbte die drei mittleren Schiffe des mächtigen
Hallenbaues, zog in die inneren Seitenschiffe die Emporen ein uud setzte den Dachstuhl
auf. Die Hauptarbeiten wurden durch deu Meister Nikolaus deu Parlier, Meister Johann
Vlach, die Steinmetzmeister Peter, Georg Polak und Vitek und endlich durch Meister
Nikolaus wettergeführt uud um die Mitte des XVI. Jahrhunderts nahezu eingestellt; 15it>5>
waren sie vollendet, ohne daß der großartige Plan Peter Parlers vollständig verwirklicht
wurde, da man den Bau mit einer Nothmaner abschloß. Gegenüber Meister Hanns, der
sich mehr den alten Formen näherte, ohne ihre Eleganz nnd künstlerische Bollendnng zu
erreichen, bewegte sich Matthias Raysek freier, ging in der Formengebnng einen eigenen
Weg uud bestimmte durch seine Art die Wirkung des Haupttheiles, während Benedict
Rieth die Schiffswölbungen nach der bei seinen anderen Bauten verbürgten Manier
herstellte, das Maßwerk starrer, die Strebepfeiler einfacher nnd derber behandelte und die
Details oft weniger elegant ausführte. In den jüngsten Partien der Barbarakirche nahmen
die inimer mehr phantastischen Formen eine wiederholt schwerfällige Geschmacklosigkeit an.
Aber trotz aller klar hervortretenden Unterschiede der einzelnen Bauführungsperioden, die
nahezu zwei Jahrhunderte umfassen, macht das Bauwerk noch heute einen überwältigenden
Eindruck nnd bleibt die imposanteste Leistung der Spätgothik in Böhmen, die ganz
besonders der von Matthias Raysek ausgeführte Theil zur Geltung bringt.
Wahrscheinlich hat der zuletzt Genannte anch die einschiffige Laurentinskirche des
bei Kuttenberg gelegenen Bergstädtchens Gang erbaut, dereu Kanzel und Sacraments-
häuscheu sicher von ihm stammen; das Maßwerk der Chorfenster weist auf seine Art hin.
Das durch ihn ausgeführte Sacramentshänschen in Königgrätz verbürgt anch das Ein-
setzen der Thätigkeit Rayseks in anderen Landstädten Böhmens, ohne daß sich jedoch nm
ihn eine bestimmte Schnle ausbildete.
In Kutteuberg herrschte um die Wende des XV. und XVI. Jahrhunderts eiue
ungemein rege Banthätigkeit, da die Mariahimmelfahrtskirche, die Dreifaltigkeitskirche, das
burgartige Wohnhaus des Johauu Smisek von Vrchovist', der prächtige steinerne Brunnen
und das sogenannte steinerne Haus im Baubetrieb standen und anch im Wälschen Hofe
gründliche Restaurationsarbeiten im Gange waren. Die Kirchenbauten blieben dem Typns
der dreischisiigeu Halle niit vorgelegtem Westthurm treu, die Profanbauten wurden durch
Reichthum geschmackvoller plastischer Arbeiten ungemein belebt.
Im Landkirchenbau war besonders im südlichen nnd südwestlichen Böhmen die
Beobachtnng dreier Typen, nämlich der drei- oder zweischissigen Hallenanlage nnd des
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Band 15
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (2)
- Band
- 15
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1896
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.07 x 22.35 cm
- Seiten
- 708
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch