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und ganz phantastische Maßwerkbildungen. An der Nordseite der Kreuzkirche fällt besonders
außen die Anordnung einer alten Steinkanzel auf, iudeß die über dem Hauptfenster des
Chorschlusses eingestellte Dachluke, die mit einer spätgothischen Thüröffnung ausgestattet
ist, mit einem Motiv an der Stirnseite des Chors der Deeanalkirche übereinstimmt. Die
Ausführung ist meist derb, aber sauber.
Hohen künstlerischen Werth besitzt die an der Südseite der Pilsener Erzdechanteikirche
angebante Sternberg'sche Kapelle aus dem Aufaug des XVI. Jahrhunderts. Ei« schöues
Sterngewölbe mit hängendem Schlußstein überspannt den im Achteck schließenden, durch
drei weite Maßwerkfenster erhellten Raum und bietet Beziehungen zu der von Benedict
Rieth verbreiteten Art. Unter den Denkmalen der Pilsener Gegend ragt besonders hervor
die einschiffige Kirche in Cecovitz, deren plastische Details aus der Thier- und Pflanzen-
welt an Portal, Giebelgesimse, Baldachinen, Figurenblenden, senlpirten Knäufeu u. s. w.
mit sonst uns nur selten wieder begegnender Reinheit und Sorgfalt ausgeführt siud.
Gegenüber dem hier zu Tage tretenden Geschmack, welcher sich auf voller Höhe mit der
Steruberg'scheu Kapelle in Pilsen hält, befremdet fast die um die Weude des XV. und
XVI. Jahrhunderts vollendete Kirche zu Ronsberg, die den einschiffigen Landkirchentypus
mit kurzem Presbyterium uud zweithürmiger Fa^ade wahrte.
Da die Zeitrichtuug der Gründung neuer Klöster im Ganzen nicht günstig war, so
finden wir nicht viele Klosteraulageu aus dieser Periode. Im südlichen Böhmen gründete
1455 Peter von Linden das Augustiner-Chorherrenstift Forbes, dessen Gebäude nach 1466
vollendet wurden. Die einschiffige Kirche, deren Presbyterinm 1746 umgebaut wurde, uud
der Kreuzgang an der Nordseite derselben sind wohl erhalten. Die vier Sterngewölbejoche
des Langhauses mit den birnförmig profilirten Rippen zeigen hübsch gearbeitete, auch mit
dem Stifterwappeu gezierte Schlußsteine; die prismatischen Strebepfeiler, theils mit Zinnen,
theils mit knvllenbefetzten Giebelchen gekrönt, entsprechen in ihrer Constrnction vortrefflich
ihrer Function. Sie weisen wie der ganze Ausbau auf tüchtige technische Kenntnisse, Sorgfalt
und genaue Berechnung der Anordnung hin, die in dem Kreuzgang zum großen Theile
fehlen; die einzelnen Flügel desselben weichen in der Wölbung, die verschiedene Arten des
Netzgewölbes, aber auch springende Gewölbe bietet, von einander stark ab, so daß sich darans
wohl eine längere Dauer der verschiedenen Anschauungen huldigenden Bauführung und
die Bestellung verschiedener Meister beim Kreuzgangsbau selbst ergibt. Eine vollständig
erhaltene Klosteranlage ist das außerhalb Kaadeu auf einer Anhöhe reizend gelegene
Franciscanerkloster, das durch den 1514 gestorbenen Johann von Lobkowitz anf Hassen-
stein gegründet wurde. In der dreischisfigen Kirche, die Peter Bauer aus Eger erbaut haben
soll, bewahrt der edelgehalteue, ziemlich langgestreckte Chor in den dreitheiligen Fenstern
schönes spätgothisches Maßwerk. Die an der Südseite anstoßende Kreuzgangsanlage
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Band 15
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (2)
- Band
- 15
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1896
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.07 x 22.35 cm
- Seiten
- 708
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch