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ist mit der bei Franciscancrklöstern so gern im Ostflügel angeordneten Kapelle ausgestattet,
deren polygonaler Chorschluß nebst den zweifeldrigen Maßwerkfenstern einfach nnd
schlicht gehalten ist. Über dein rechten Seitenschiff befindet sich ein saalartiger Raum,
dessen Zellenwölbung auf zwei achteckigen Säulen ruht und auch in dem unmittelbar
darüber angeordneten Saale nochmals wiederkehrt. Dieselbe scheint, wie auch die Kreuz-
gänge in Bechin und Horazdiowitz schließen lassen, bei Bauten des Franciseanerordens
am Ausgang des XV. Jahrhunderts nicht unbeliebt gewesen zu sein. Außer Augustiner-
Chorherren- und Franciscanerbanten sind noch die Paulanerniederlassungen zu Kugelweit
und Heurasfl zu nennen. In die Ruinen der erster«?, besonders den Kreuzgang, sind
Bauernhäuser eingebaut, welche der aus fünf Achtecksseiten gezogene Chor der dachlosen
Kirche überragt; nach den daselbst vorfindlichen Jahreszahlen 1509 und 1514 fällt die
Ausführung des Baues, der schöne Steinmetzarbeiten besaß, in die ersten Jahrzehnte des
XVI. Jahrhunderts.
Fast gleichzeitig erstand die 1522 errichtete einschiffige Kirche zu Heurasfl, deren
Portalstabwerk an Ottan gemahnt nnd vor der letzten Restauration in den Zierdetails
eine für die Spätgothik fast auffallende Reinheit der Formen auswies. Die in verschiedenen
älteren Klöstern nach den Husitenkriegen nöthig gewordenen Wiederherstellungsarbeiten,
die infolge des tief erschütterten Wohlstandes sich nur auf das Nöthigste beschränkten und
blos ausnahmsweise die Umgestaltung älterer Theile, wie z. B bei der Gothisiruug des
1-190 reeonciliirten Chors der Tepler Stiftskirche trafen, führten der Bauthätigkeit
Böhmens offenbar nur wenig neue Anschauungen zu.
Trat die kirchliche Baukunst im Verhältniß zu der früheren Periode auch stark
zurück, so deckte den dadurch entstandenen Ausfall das vergrößerte Bedürfniß des Profan-
baues, der sich nicht mit der Wiederinstandsetzung des Beschädigten begnügte, sondern anch
mit dem langsam zurückkehrenden Wohlstand manch neues Werk erstehen ließ. Das; die
Herrscher Böhmens darin mit gntem Beispiel vorangingen, beweisen die Bauten der Bnrgen
Lititz und Pürglitz, sowie der Hradschiner Residenz. Die in Neuhaus, Klingenberg, Pifek,
Blatna und anderen Burgen erhaltenen Überreste von Wandmalereien sprechen wie die
verschiedenen zum Theil in Trümmern liegenden, znm Theil noch in fast ursprünglichem
Zustande bestehenden Adelssitze, wie Hassenstein, Schreckenstein, Strakonitz, Konopischt
und andere, für die auch uach deu Husitenkriegen festgehaltene Vorliebe der künstlerischen
Ausschmückung uud geräumigen Anlage des Schloßbaues. Eiu prächtiges Stück feiner
Arbeit ist der im vierten Schloßhof in Kruinan errichtete Erker, den Peter von Rosenberg
nebst den anstoßenden Gemächern 1513 vou Ulrich Plonitzer ausführen ließ.
Künstlerisch geschmackvolle Erker wurdeu bei Profanbauten überhaupt gern ange-
ordnet. Eine herrliche Leistnng dieser Art, vortrefflich im Anfban, in der Gliederung und
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Band 15
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (2)
- Band
- 15
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1896
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.07 x 22.35 cm
- Seiten
- 708
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch