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Detailbildung wirksam vertheilten plastischen Schmuckes, ist der Erker in Laun, der dem
Zeitalter und der Richtung des Benedict Rieth entstammt. Noch reichere Ausstattung erhielt
das im letzten Viertel des XV. Jahrhunderts vollendete „steinerne Haus" in Kutten-
berg, das auch in dem schloßartig erbauten Wohnhaus des Johann SmiZek von Vrchovist'
und in den Resten des Münsterbergischen Hauses werthvolle Überreste des Profan-
baues dieser Zeit besitzt und in erstgenanntem sogar Anlage und Raumvertheilung
eines zwischen Burg und Bürgerhaus stehenden Wohngebändes genau verfolgen läßt.
Die Fa^ ade des steinernen Hauses zeigt einen zwischen beiden Spitzbogen des Erdgeschosses
sich entwickelnden Erker im ersten Stockwerk, der innen zierliche Netzwölbnng mit hübsch
scnlpirten Schlußsteinen besitzt und, nach den erhaltenen Postamenten und Baldachinen
zu schließen, wahrscheinlich mit Statuen ausgestattet war. Der reich behandelte
Giebel, dessen Schenkel mit Krabben besetzt sind und in einer Kreuzblume sich treffe»,
findet in ganz Böhmen nicht seinesgleichen. Zu beiden Seiten der drei schön verzierten
Fenster, über und unter welchen Wappenschmuck angeordnet ist, sprengen zwei Reiter
gegeneinander; aus der Kreuzblume über dem Mittelfenster entwickelt sich der von der
Schlange umwundene Apfelbaum, zu dessen Seiten auf Consolen die nackten Gestalten
Adams und Eva's aufgestellt sind, indeß darüber zwischen anbetenden Engeln der Herr
von der Wolke herabsieht. Dies Denkmal, welches wie die Wölbung im Thurmgemach
des Münsterberg'schen Hauses sorgfältige Arbeit und Sinn für wohl abgewogene
Composition verräth, wurde offenbar von Kutteuberger Meistern selbst ausgeführt, die auch
bei der Instandsetzung des Wälschen Hofes, seiner Kapelle und des Vrchovist'schen Hanfes
ihre Kunstfertigkeit bethätigten. Nächst Kuttenberg besitzen auch andere Städte Böhmens,
wie Eger, Pilsen, Graupen, Ehrudim, Bndweis, Leitmeritz und, andere bald mehr, bald
minder interessante und bedeutende Reste des bürgerlichen Prosanbanes, für welchen
besonders einige Häuser auf der Ostseite des Egerer Marktplatzes von Bedeutung sind.
Ebenso wie das Privatinteresse förderte auch die Rücksicht auf die Allgemeinheit
die Bauthätigkeit des Landes; hier trat der städtische Repräsentationsban in den Vorder-
grund. Welcher Reichthum dekorativer Ausstattung bei den Rathhausbauten wohlhabender
Städte beliebt war, lehren die Umrahmung der berühmten Uhr, das Portal und ein
daneben befindliches Fenster des Altstädter Rathhauses in Prag, das unter
Wladislaw II. bedeutende bauliche Veränderungen erfuhr. Die Spätgothik behielt auch
bei dem Äußern des im XVI. Jahrhundert ausgeführten Leitmeritzer Rathhausbaues in
Fenstern, Simsen und Wölbungen das Wort; mit noch größerem Nachdruck geschah dies
bei dem Rathhause in Tabor, dessen schön gewölbte Hallen und gut seulpirte Gurtträger
dem Anfang des XVI. Jahrhunderts angehören, wobei in der Decoration des Stadt-
wappens besonders auf Reichthum plastischer Zuthaten gesehen wnrde.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Band 15
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (2)
- Band
- 15
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1896
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.07 x 22.35 cm
- Seiten
- 708
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch