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bewahrt haben. In Podebrad waren beispielsweise unter Zuziehung einheimischer Stein-
metze Girzik vou Lugano und der anch sonst bekannte Baptista de Zawoza, in Kostelec
Meister Johann de „Ffinnandt", in Brandeis der Steinmetz Thomas und Maurer
Matesz thätig. Letzteres Schloß hat späterhin Rudolf II. zu seinem Lieblingsaufenthalt
gewählt und wohl auch entsprechend ansgestattet. Im Innern selbst hat sich hier wenig
Bemerkenswerthes erhalten, indem das Schloß von mannigfachen Umänderungen, zu
welchen beispielsweise die Vermauernng der seinerzeit offenen Hofarkaden gehört, nicht
verschont blieb.
Den bei diesen und den Prager Bauten wahrgenommenen Charakter finden wir
auch sonst bei den zahlreichen Bauten des östlichen Böhmens. Frühzeitig mit gothischen
Formen vermengt erscheinen hier Renaissancemotive bei einigen kirchlichen Bauten, wie zum
Beispiel an den einander verwandten Portalen der Katharinenkirche in Chrndim und der
Petri- und Paulikirche in Caslan. Für die profane Baukunst waren die baulichen Unter-
nehmungen des reichen Stammes der Pernsteine im östlichen Böhmen tonangebend. Zur
Zeit als italienische Werkleute in königliche Dienste berufen wurden, waren schon einige
wälsche Steinmetzer bei den Bauten des Herrn Johann von Pernstein beschäftigt. Zu diesen
gehört zunächst das Schloß zu Pardubitz, welches sein Äußeres und einige interessante
Einzelheiten noch erhalten hat. Die Details des im Jahre 1529 entstandenen und im
Jahre 1541 unter Johann von Pernstein aufgerichteten Portals des Pardubitzer Schlosses
zeigen ein sonst ziemlich seltenes Bestreben nach besonderem Reichthum der Formen nnd
lassen hierbei den Einfluß der deutschen Renaissance erkennen, aber der Bau selbst mit
seinen Giebeln und den Hofarkaden gehört der unter dem Einfluß italienischer Meister
stehenden Baurichtung an. Dies ist vollständig der Fall bei dem gewaltigen, von dem
„prachtliebenden" Vratislav von Pernstein im dritten Viertel des XVI. Jahrhunderts
erbauten Schlosse zu Leitomischl, welches sein ursprüngliches Äußeres im Großen und
Ganzen erhalten hat und in seiner Anlage, den Hofarkaden, der luftigen, dem Schloßpark
zu sich öffueuden Loggia, in seinen Bossagen des Portals, gleich dem Schwarzenbergschen
Palais in Prag, den in Böhmen üblichen Typns trägt. Die dem Hofe zugekehrten
Wandflächen sind über und über mit reichem figuraleu Sgraffitofchmuck verziert.
In dem gegenwärtig dem Verkehr entrückten stillen Winkel des Erlitzgebirges reihen
sich zu Leitomischl kleinere Renaissanceschlösser an: das reizende, quadratisch augelegte,
mit Hofarkaden versehene gräflich Bnbna'sche Stammschloß zu Doudleb; Schloß
Castolowitz, welches iu einem Flügel noch ursprüngliche, aus reichem alteu Tafelwerk
bestehende Renaissancedecken trägt; Schloß Opocno mit seinen schlanken Hofarkaden und
viele andere.
Auch bei bürgerlichen Bauten ist man bestrebt eine gewisse Pracht zu entfalten.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Band 15
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (2)
- Band
- 15
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1896
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.07 x 22.35 cm
- Seiten
- 708
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch