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Gar schüchtern treten die Renaissanceformen auf in den Bauten zu Pardubitz, welches,
im Jahre 1524 nahezu gänzlich eingeäschert, unter der Ägide der Herren von Pernstein
sich rasch erholte. Das Wahrzeichen der Stadt, der hohe grüne Thurm mit oberhalb des
Einfahrtthors augebrachten Giebeln, wurde im Jahre 1534 von einem heimischen
Steinmetz Paul erbaut. In der benachbarten alten Kreisstadt Chrudim bezeugen zwei
reizende, in der jetzigen Apotheke befindliche Portale mit dem Wappen der Herren von
Pernstein, daß auch hierher die Einflüsse ihres künstlerischen Schaffens drangen, und das
interessante Mydlar'sche Haus mit seinen der Gasse zugekehrten Loggien und dem bizarren
minaretähnlichen Thurme, im Jahre 1573 von dem reichen Bürger Matthäus Mydlär
erbaut, ist anscheinend unter dem Einfluß des Leitomischler Schloßbaues entstanden. Auch
in der alten Bergstadt Kuttenberg, wiewohl ihre Glanzperiode so ziemlich vorbei war, hat
die Renaissance ihre Spuren, wenn auch nicht in bedeutenden Bauten, so doch in einigen
reich ausgestatteten Portalen hinterlassen.
Wie in dem östlichen Böhmen der Stamm der Pernsteine, standen die Rosenberge
mit den stammverwandten Herren von Neuhaus in Südböhmen an der Spitze des künst-
lerischen Schaffens. Das unstreitig anziehendste Baudenkmal, welches zur Blütezeit der
Renaissance in Südböhmen entstand, ist der unter Joachim und Adam von Neuhaus
erfolgte Neubau des altehrwürdigen Stammschlosses Neuhaus. Das Nebeneinanderbestehen
der aus verschiedenen Perioden stammenden Partien, welche sich äußerst malerisch gruppireu,
die herrliche Lage, die Spuren einstiger Pracht und das Sagenhafte, welches sich an diesen
Stammsitz eines längst ausgestorbenen Magnatengeschlechtes knüpft, verleiht dem nun
nahezu verlassenen Schlosse einen eigenthümlichen Zauber. Die der Renaissanceperiode
ungehörigen Partien grnppiren sich um den dritten Hof des Schlosses, welcher in seiner
Mitte den prächtigen schmiedeeisernen Brunnen trägt; hier in den Arkadengängen hat
sich einst das bunte Leben eines Herrensitzes in voller Pracht entfaltet. Im Innern hat
sich noch Manches aus dieser Zeit erhalten, hier das Tafelwerk der Decke, dort eine elegant
gearbeitete Thüreiufassuug, da ein prächtiger wälscher Kamin. Die Bauten wurden bereits
unter Joachim von Neuhaus in Angriff genommen, aber erst von Adam von Neuhaus
mit vollem Eifer fortgesetzt. Die Leitung des Baues wurde 1580 einem wälschen Maurer,
Balthasar Majo, welcher, auch Meister Balcar genannt, gleichfalls bei anderen Bauten
Südböhmens, beispielsweise in Krumau und Bechyn betheiligt erscheint, übertragen.
Ihm folgen Johann Maria Faconi, Anton Melana und Anton Eometa bald nach. Ein
reizendes Werk der Spätrenaissance ist das an der Südseite errichtete „Lusthaus", eine kleine
Rotunde, außen mit Fensteröffnungen, Pilastern, Nischen und malerischen Giebeln, innen
mit reicher Stuckdecoration verziert. Der Bau wurde in den Jahren 1591 bis 1597 von
Faconi und Eometa unter Zuziehung einheimischer Künstler und Handwerker durchgeführt.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Band 15
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (2)
- Band
- 15
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1896
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.07 x 22.35 cm
- Seiten
- 708
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch