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Für feine Ausbildung des Details, wie ihn das königliche Belvedere, dgH Schloß
Stern aufweist, war der Sinn verloren gegangen; niedliche Arkaden, gemüthliche Gemächer,
wie sie bei jeueu Bauten vorkommen, genügten nicht mehr. Mit einer kolossalen stolzen
Arkade wendet sich der Palast dem Garten zn, welchen einst Bildwerke eines Adrian
de Vries schmückten, und ein nicht minder kolossaler Audienzsaal, so recht geeignet, die
stolze Suite des Herzogs zu versammeln, nimmt die ganze Breite des vorderen Flügels
ein. Die dem Platze zugekehrte Fa^ade ist ziemlich nüchtern, die beiden Höfe werden
durch einfache, aufeinander ruhende Pilasterstellungen gegliedert. Die geschwungenen
Voluten, welche bereits am Schloßbau Matthias' auftauchen, und das derb behandelte
Rahmenwerk der zur Aufnahme von Fresken bestimmten Flächen gehören schon der
barocken Decorationsweise an; die zahlreichen Frnchtschuüre bekommen eine für das
ganze XVII. Jahrhundert charakteristische Form uud die Trophäen, welche zur Zeit der
Renaissance aus antiken Waffen bestehen, werden nun aus modernem Rüstzeug angeordnet,
welches selbst die olympischen Götter der Freskomalereien anlegen, um uns nicht vergessen
zn lassen, daß wir inmitten des großen Krieges stehen. Das ganze derbe barocke Wesen
des Details wirkt bei der großartigen Lalla terrena, welche wir durch den Anblick vom
Garten her in ihrer Totalität genießen können, weniger störend als in den Jnnenränmen.
Erbauer des Palastes war der im Jahre 1621 aus Mailand berufene Giovanni Marini,
welchem Bartolome» Bianco als Decoratenr zur Seite stand. Auch Bafilio und Giovanni
Pironi werden bei dem Palastbau namhaft gemacht.
Mannigfaltiger waren die Aufgaben in Ii ein, welches Wallenstein planmäßig zu
einem Herrschersitze umzugestalten beabsichtigte. Der große Palast daselbst, dessen Anlage
nicht minder ausgedehnt geplant wurde als jene des Prager Palastes, blieb unausgeführt;
das Bedeutendste sind die beiden Arkadenhöfe; die dem Ringe zugekehrte Front hat die alte
Anordnung des letzteren in den Laubengängen des Erdgeschosses behalten, während die
beiden Stockwerke durch große ununterbrochene Pilaster gegliedert sind, ein Motiv,
welches hier zum ersten Male auftritt. Eine weitere Gründung Walleusteius ist der nord-
östlich von Jicin gelegene Hof mit schattigem Ziergarten, in welchem sich eine mächtige
Salin terrena, eine vereinfachte Replik jener des Prager Palastes befindet. Und am Lust-
garten vorbei geht es zu einem weiteren Baue Walleusteius, zu der großartige« Karthause
Walditz, welche er zn seiner letzten Ruhestätte ausersah und die gegenwärtig zu einem
Gefängniß umgewandelt worden ist. Der Bau, im Jahre 1628 nach Andreas Spezzas
Entwurf begonnen, wurde uach dem baldigen Tode Spezzas (gestorben 1628) von Pironi
weitergeführt. Das in Jicin selbst von Wallenstein gestiftete Jesnitencolleg war ein
gewöhnlicher Nntzban, hingegen ist die dortige Jakobskirche eine der interessantesten
Kirchenbanten der Barockperiode.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Band 15
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (2)
- Band
- 15
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1896
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.07 x 22.35 cm
- Seiten
- 708
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch