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Feier der Eanonisation des Johannes von Nepomnk und andere Pilgerzüge bewegt, auf
diesen Wegen wurden bei ähnlichen Anlässen die Triumphpforten und sonstige pompöse
Decorationen eines Galli-Bibiena errichtet.
Nach dem Tode Dienzenhofers war Anselms Loragho der führende Geist; der
Einfluß seiner anmuthigen Decorationsweise läßt sich an zahlreichen Patrizierhäusern
Prags verfolgen. Jedoch auch die Einwirkung der französischen Architektur sowohl der
Rococoperiode als auch der unter dem Namen Louis XVI. bekannten Stilrichtnng macht
sich bemerkbar.
In der Fa^ade der Strahover Bibliothek von 1782 melden sich bereits Elemente
des neuen Stils, welcher das Schnörkel- und Muschelwerk des Noeocos verdrängt.
Medaillons mit Büsten, schwere Lorbeerkränze oder gekreuzte Palmenzweige, Urnen,
welche den antiken ihre Form entlehnen, das sind die Elemente, welche nun an den sonst
nüchternen und linearen, regelmäßigen Bauwerken das decorative Beiwerk bilden. Man
findet es ziemlich oft an den adeligen und bürgerlichen Häusern am Graben, am Wenzels-
platz und in der Hybernergasse.
Nach und nach verschwindet auch dieses Ornament und es tritt eine vollkommene
Öde ein, und wenn es ein bedeutenderes Gebäude zu errichten gilt, so greift man zu deu
strengen Formen des dorischen Stils. Ein großes Bauwerk der hellenischen Richtung
ist beispielsweise das gräflich Chotek'fche Schloß Kacina bei Kuttenberg.
Alsdann finden die mittelalterlichen Baustile Eingang, der gothische nnd romanische
bei kirchlichen Bauten, die englisch-gothische Weise bei den zahlreichen Burgbauten. Eines
der ersten Beispiele einer im gothischen Stil erbauten Kirche ist jene zu Turuau, 1826
bis 1853 errichtet, einer solchen im romanischen Stil die Kirche der Heiligen Cyrill und
Method in Karolinenthal, nach dem Entwnrfe Rösuers mit einigen Abänderungen von
Jgnaz Ulmann und I. Belsky 1855 bis 1860 erbaut. Die stolzen Schlösser zu Frauen-
berg, Sichrov, Hrädek bei Nechanitz entstehen fast gleichzeitig, und mehrere andere folgen
ihrem Beispiel nach.
Zur Ausbildung des gothischen Stils boten der wieder aufgenommene Dombau und
auch andere Reconstrnctionen gothischer Gotteshäuser in Prag und im Lande Anlaß.
An der Spitze der Architekten, welche sich dem gothischen Stil zugewandt haben, steht
Josef Kranner (geboren zu Prag 1801, gestorben zu Wien 1871), welcher das Project
zur Vollendung des Dombaues entwarf und dem Baue jahrelang vorstand; unter
Anderem rührt auch der Entwurf des gothischen, zur Erinnerung an Kaiser Franz am
Quai errichteten Denkmals von ihm her. Aus der Schule Kranners gingen Hermann
Bergmann (geboren in Prag 1816, gestorben 1880 in Wien) und Andere hervor, in
seine Stellung als Dombaumeister trat Josef Mocker ein, welcher auch die Restauration
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Band 15
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (2)
- Band
- 15
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1896
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.07 x 22.35 cm
- Seiten
- 708
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch