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aus Felsengemächern. Die leichte Bearbeitung des Saudsteins uud die von der Formation
desselben schon geschaffene Unzugänglichkeit bewirkten, daß in Nordböhmen eine größere
Anzahl kleiner Felsburgen entstand, deren Namen und Zweck wir nicht einmal kennen.
In der Eile wurde ein halbwegs thunlicher Zugang zum Felsen geschaffen, in schnell
eingehauene Falzen ein Holzbau eingelassen und das neue Werk so geschwind verlassen,
als es entstand. Hänsige Brände verleideten wahrscheinlich den Aufenthalt in solchen
Besten. Lange Zeit wurde bewohnt die theilweise in einen langgestreckten Felsenkamm
hineingemeißelte, theilweise von Holz erbaute Burg Vranov bei Klein-Skal. Auch Frede-
wald, dessen Felsenspitze den Wartthurm bildete, war eine geraume Zeit Hauptsitz der
Herrschaft Böhmisch-Kamnitz. Wir erwähnen noch den Falkenstein bei Dittersbach, dessen
Holzgebäude auf einem Felsenwürsel stand, endlich die hölzerne Burg Stohauek (bei
Niemes), welche auf einer hohen Felsensäule gebaut wurde und lediglich aus Holzwerk
bestand. Bei vielen erwies sich das Anbringen einer Stiege als nothwendig, da man auf
andere Weise den hohen und steilen Felsen nicht besteigen konnte.
Eine geschickte Ausnutzung des Terrains, wie sie nur ein vorgeschrittener Bau-
verständiger treffen konnte, findet man bei der Ruine Trosky (bei Turnau). Der Name
bedeutet soviel als Ruine uud ist vollkommen gerechtfertigt, da die Anhöhe mit ihren zwei
säulenförmigen Basaltfelsen einer Ruine nicht unähnlich ist. Der Gründer hat die beiden
Felsen mit Thürmen gekrönt und den Fuß derselben mit Mauern verbunden. Auf ähnliche
Weise wnrde auch der steile Burgfelsen des Sperlingsteins bei Tetschen ausgenützt, indem
man die Mauern an Felsblöcke anlehnte und dieselben mitunter mit Steingebäuden
krönte. Überhaupt begünstigte die damalige Zeit mit ihren zahlreichen Fehden die Anlage
ähnlicher Burgen auf steil sich emporhebenden Bergen. So zum Beispiel sind das bei
Dauba liegende Schloß Alt-Perstein (eigentlich Berkenstein) und Zbirov (bei Turnau)
klein, aber ungemein fest, die dadnrch geförderte persönliche Sicherheit wurde freilich durch
den mühevollen Aufstieg erkauft. Auch bei der von König Wenzel IV. erbauten Bnrg
Toenik zeigt sich das Bestreben, im hochgelegenen Wohnsitze Sicherheit zu genießen. Denn
unmittelbar unter dem Berge liegt die alte, mit zwei Rundthürmen, Ringmauern und
ehemaligen Teichen ringsum wohlbefestigte Burg Zebrak, aber ihre versteckte Lage mag
dem für Kunst und Schönheit empfänglichen Herrscher wenig behagt haben. Indessen ist
die nm 1401 gegründete Burg Toenik, obwohl sie durch einen höheren Beamten, als die
gewöhnlichen Burggrafen waren, verwaltet wurde und dadurch und als königliche Pfalz
den ersten Rang nach dem Prager Schlosse und dem Karlstein erhielt, in ihrer ursprüng-
lichen Anlage keineswegs großartig; denn der thurmartige Palas mit dem anliegenden
Nebengebäude würden heutzutage mancher reichen Familie nicht genügen, wohl aber
entsprachen sie den damaligen einfachen Wohnungsverhältnissen und dem Bedürfniß des
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Band 15
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (2)
- Band
- 15
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1896
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.07 x 22.35 cm
- Seiten
- 708
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch