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Priestergestalten des Tympanons der Wenzelskirche in Hrusitz. Die Belebung derPortal-
hohlkehle dnrch Thierdarstellungen, die sich bei letzterer findet, trat noch reicher an dem
um 1200 entstandenen Portal in Zabor zu Tage. Während der Gekreuzigte des Pod-
viuecer Tympanons nebst den beiden ihm zu Füßen liegenden Gestalten schwach gezeichnet
ist, erreichte die Cistercienserkunst sowohl in der feinen, maßvollen Decoration des Por-
tals zu Hradiste (Münchengrätz), als auch in dem originellen steinernen Lesepulte in
Ossegg bereits hohe Vollendung. Innerhalb der romanischen Auffassung blieb der in
Triptychonsorm angeordnete Steinaltar der Prager Georgskirche. Im Mittelstück knieen
vor der das segnende Christuskind halteuden Maria, die von zwei Engeln gekrönt wird, die
Äbtissinnen Maria und Bertha des Georgsklosters, im linken Flügel die 1200 bis 1228
nachweisbare Klostervorsteherin Agnes, die Schwester Premysl Ottokars I., der selbst im
rechten Flügel betend dargestellt ist. Die zwar strenge, aber in allen Theilen harmonische
Grnppirnng läßt trotz mancher Härte und Ängstlichkeit der Ausführung den Schluß zu,
daß man in Böhmen während der ersten Hälfte des XIII. Jahrhunderts mit Erfolg natür-
lichem Ausdruck plastischer Schöpfungen zustrebte. Auf dem Prager Boden lassen sich die
in dieser Hinsicht gemachten Fortschritte am besten verfolgen in dem Tympanonrelief aus
der aufgehobenen Lazaruskirche, dessen Auferwecknng des Lazarus eine mit verständigem
Auge dem Leben abgelauschte Bewegung durchdringt; dagegen lagert über dem thronenden
König, welcher der Kleinseite das Stadtrecht verleiht — einem Sculptnrüberrest, der vor
einigen Jahren in einem Hause neben dem Kleinseitner Brückenthurm aufgefunden
wurde — mehr statuarische Ruhe bei meist paralleler Ordnung des Faltenwurfs. Was
die Steinplastik des Übergangsstils an reizend durchgebildeten decorativen Details zu
leisten im Stande war, kam nirgends wieder in so elegantem und feinem Vortrage wie
bei den Capitälen und Schlußsteinen der Kirchen des Prager Agnesklosters zur Geltung.
Von den noch im Geiste romanischer Knnstübnng ausgeführten Wandmalereien
haben sich nnr geringe, sehr stark beschädigte Überreste in der Kapelle unter dem
südlichen Thurm der Georgskirche iu Prag erhalten. In der Halbkuppelwölbung der Apsis
begegnet uns das der mittelalterlichen Malerei geläufige Motiv des auf dem Regenbogen
thronenden Erlösers, neben dessen Maudorla die Evangelistensymbole angeordnet sind,
während an der Wand der Apsisrnndung, sowie an der Süd- und Westwand Apostel-
und Heiligenfiguren erscheinen, die uur eine einzige zusammenhängende Darstellung,
die Marter eines halbentblößten, an einen Baum gefesselten Jünglings zeigen. Die
Deckenwölbung zierte das ungemein arg mitgenommene Bild des himmlischen Jerusalems,
dessen Eomposition Anklänge an die gleiche, ebenfalls im XIII. Jahrhundert ausgeführte
Deckenmalerei iu Gnrk bietet. Die Gewandnng der von dunkelbraunem Grunde in schwarzen
Umrissen sich abhebenden Gestalten ist wenig durchgebildet und in einfachen Tönen ohne
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Band 15
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (2)
- Band
- 15
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1896
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.07 x 22.35 cm
- Seiten
- 708
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch