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Johann Täborsky, welcher noch in seinem 70. Lebensjahre die astronomische Rath-
hausuhr beaufsichtigte und im Jahre 1570 eine Beschreibung derselben, welche sein eigenes
und auch wohl eigenhändiges Porträt enthält, verfaßte, fand in Johann Kantor Stary
in der Neustadt Prags einen Nachfolger, welcher gleich ihm zahlreiche Maler beschäftigt
zu haben scheint. Aus seiner Offizin stammen unter Anderem die böhmischen Cantionale
der Stadt Jungbnnzlau vom Jahre 1572, der Kleinseite Prags vom Jahre 1572 und die
Lomnitzer Gesangbücher vom Jahre 1580 bis 1583. Der künstlerische Werth dieser
Werke ist nicht gleichmäßig und der Stil der Malereien zeigt bereits eine Umwandlung;
sowohl in der Ornamentik der Initialen als auch im Figürlichen macht sich der nieder-
ländische Einfluß geltend.
Neben Täborsky ist auf diesem Gebiete Matthäus Ornys, von Ferdinand I. 1562
mit dem Prädicate „de Lindperk" bedacht, eine der interessantesten Erscheinungen; derselbe
bekleidete das Amt eines Geometers des Königreiches Böhmen und wußte ebenso gut deu
Pinsel wie den Zirkel zu führen. Den Beweis liefern seine Malereien in den böhmischen
Gesangsbüchern von Leitomifchl vom Jahre 1563 und Trebnitz vom Jahre 1575. Seine
Darstellungsweise ist kraftvoll und lebendig. Ein gewisser alttestamentarischer Charakter-
zug, welcher den bibelfesten husitischeu Gemeindemitgliedern zusagte, äußert sich in seinen
Werken und manche aus dem Leben gegriffene Scenen lassen an Anschaulichkeit nichts zu
wünschen übrig. Dabei steht er im Ornamentalen den Italienern am nächsten und iu
manchen Versalien und Cartouchen des Trebnitzer Cantionales kommen bereits barocke
Motive zum Vorschein, wie sie sich zu jener Zeit nur in Italien finden.
Der Einfluß der italienischen Malerei, welcher sich in der zweiten Hälfte des XVI.
Jahrhunderts geltend macht, wurde selbstverständlich durch die Gegenwart italienischer
Künstler nur gefördert. Zur Zeit des Erzherzogs Ferdinand finden wir auch den Hofmaler
Francesco Terzio in Prag mit verschiedenen Entwürfen beschäftigt. Es gilt den Orgelfuß
in der Domkirche auszustatten, die Sigismundkapelle dortselbst auszumalen, Skizzen für
dieses und jenes zu liefern.
Auch in den Landstädten und auf Schlössern tauchen italienische Maler auf und
machen den einheimischen starke Concurreuz. Um das Jahr 1565 fiudeu wir besonders
einen Baptista de Testo mit Aufträgen auf dem Lande viel beschäftigt. In Prag war wohl
die gegenseitige Eifersucht keine geringe, und Fälle, wo böhmische nnd deutsche Maler ihr
Lob den Italienern nicht vorenthalten, werden als etwas Außergewöhnliches angeführt.
Aber schon zur Zeit Maximilians erschienen auch die Niederländer auf dem Schauplatze,
zuerst in Wien zwei junge Künstler, der Maler Bartholomäus Spranger und der
Bildhauer Johann de Monte. Nach dem Tode Maximilians kommen beide nach Prag nnd
während der letztere bald verschwindet, weiß sich der erste zu behaupten; in Prag seßhaft,
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Band 15
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (2)
- Band
- 15
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1896
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.07 x 22.35 cm
- Seiten
- 708
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch