Seite - 446 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Böhmen (2), Band 15
Bild der Seite - 446 -
Text der Seite - 446 -
446
sich mit Taufbecken, die Küchen mit Zinngeschirren und die Genossenschastslocale mit
Kannen, welche manchmal riesige Dimensionen erreichten.
Bereits in den älteren Zeiten finden wir viele Mitglieder der Kannengießerznnst,
deren erste Artikel vom Jahre 1374 stammen, und schon im Anfang des XV. Jahrhunderts
tauchen datirte Taufbecken aus Zinn auf, wie zum Beispiel das Taufbecken in der Kirche
zum heiligen Geist in Königgrätz aus dem Jahre 1406, welches unter dem Abt
Bartholomäus von Podlazitz gegossen wurde. Die Erzeugung der Taufbecken fällt im
XVI. Jahrhundert zum großen Theile in das Gebiet der Glockengießer. Nach dem Tauf-
becken ist die Zunftkanne das wichtigste Prodnct der Kannengießerei. Die Gelbgießer
verfertigten vorwiegend nur Gegenstände kleinerer Dimensionen, neben Grabtafeln,
Leuchtern und Hänge-Lampen namentlich auch Bücherbeschläge, welche eine verhältniß-
mäßig bedeutende Größe erreichten, wenn es sich um die Ausschmückung von riesigen
Cancionalien (Gesangbüchern) handelte.
Aber das weiteste Gebiet der Thätigkeit hatte die Glockengießerei, welche im Laufe
des XVI. und XVII. Jahrhunderts für die böhmischen Dörfer und Städte eine ungewöhnliche
Menge von größeren und kleineren Glocken erzeugt hat. Schöne Form, reiche Profilirnng
und zum großen Theile auch künstliche plastische Ausschmückung mit Inschriften,
Wappen, Figureu und Leisten reihen im Verein mit strenger technischer Ausführung diese
Glocken, von denen manche durch ihre Größe imponiren, unter die ersten Producte des
Kuustgewerbes ein. Die größten Glockengießereien befanden sich zuerst in Prag und
Kuttenberg, im XVI. Jahrhundert auch in anderen Städten wie Königgrätz, Jungbunz-
lau, Leitmeritz, Hohenmanth und schließlich im XVII. und XVIII. Jahrhundert namentlich
in Rauduitz, Pilsen, Aussig, Budweis, Nachod und Klattau. Unter den älteren Glocken-
gießern war namentlich in Prag Johannes Cantarista und zur Zeit Wladislaws Bartos
in der Neustadt (gestorben etwa im Jahre 1532), in Kuttenberg Andreas Ptacek
(gestorben 1513), sein Sohn Jakob (gestorben 1539), ferner Georg Klabal (gestorben
1552) bekannt. In der zweiten Hälfte des XVI. Jahrhunderts erreicht die Glockengießerei
in den Arbeiten des Meisters Thomas Jaros von Brünn und Brikci von Cinperk und
seiner Nachfolger die höchste Stufe. Im XVII. und XVIII. Jahrhundert stehen infolge
ihrer ansgedehnten Thätigkeit namentlich die Hütten der Löw, Schönfeld, Lisäk in
Prag, der Familie Prickvej in Juugbunzlan und Klattau und die Werkstätte Zeida's in
Hohenmauth im Vordergrund. Bis in unser Jahrhundert reicht die Wirksamkeit der
Bellmann'schen Werkstätte in Prag, der Perner'schen in Budweis und Pilsen, der
Herold'schen in Komotau.
Wie auf anderen Gebieten der metallurgischen Kunst wird auch in der Kniistschlosserei
der gothische Stil verhältnißmäßig lange bewahrt, bis er durch den technischen Fortschritt
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Band 15
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (2)
- Band
- 15
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1896
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.07 x 22.35 cm
- Seiten
- 708
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch