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Auch wenn es sich darum handelt, aus bloßem Metall ein Gefäß herzustellen, bekommt
dieses sonderbare, oft bizarre Formen; in der Regel dient jedoch das Metall, Gold und
Silber nur als Unterlage, welche Perlen, Cameen aus Muschel» und verschiedene
Edelsteine trägt. Darunter erscheint nicht selten der böhmische Granat; neben getriebener
und gravirter Arbeit kommt hier namentlich auch das Email vor. Das glänzendste Beispiel
ähnlicher Arbeit ist die Hauskrone der Habsburger, welche Rudolf II. im Jahre 1602
höchst wahrscheinlich von Prager Goldarbeitern verfertigen ließ, dann der Reichsapfel und
das Scepter unter den Krönungskleinodien des Königreiches Böhmen und manche andere
Gegenstände, welche in den Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses aufbewahrt
werden. Zum Custos seiner Sammlungen wählte Rudolf II. einen Goldarbeiter, Jakob
Strada, dem nach seinem Tode im Jahre 1585 sein Sohn, ebenfalls Goldarbeiter,
Octavian Strada, von Rudolf II. mit dem Prädicate „von Roßberg" im Jahre 1598 in
den Adelstand erhoben, folgte. Dieser zeigt in seinen Arbeiten und in den Entwürfen,
die sich von ihm erhalten haben, große Vorliebe für absonderliche Formen.
Es ist nicht zu wundern, daß zu einer Zeit, in welcher der Herrscher und nach seinem
Beispiel viele Adelige sich mit Vorliebe mit Astronomie und Geometrie beschäftigten,
auch die dazu dienenden Instrumente, wie verschiedene Uhren, Maße, Sextanten prächtig
ausgestattet wurden und so in das Gebiet des Kunstgewerbes geriethen. Für Uhren mit
complicirtem Mechanismus zeigten schon die früheren Zeiten eine große Vorliebe; das
größte Werk dieser Art in Böhmen, die astronomische Uhr auf dem Altstädter Rathhause,
dient als Beleg. Die Reparatur dieser Uhr erforderte immer tüchtige Mechaniker, und
böhmischen Uhrmachern oder solchen, die in Böhmen wirkten, begegnen wir nicht selten.
In Prag selbst war schon unter Ferdinand I. mit der Erzeugung künstlicher Stand- und
Reiseuhren der deutsche Meister Hans Steinmeisel beschäftigt, dessen Arbeiten wir im
Kunstgewerbemuseum in Prag und in der Sammlung des Herrn A. Ritter v. Lanna
ebendaselbst finden, sowie ein gewisser Easparns Bohemus, der in Wien lebte und sich im
Jahre 1568 auf der freien Replik einer der prächtigsten Standuhren aus der Renaissance-
zeit, verewigte, welche anderswo den Namen des Augsburger Meisters Metzger tragen.
Zur Zeit Rudolfs II. wird die Zahl fremder und einheimischer Meister immer größer. Die
Mechaniker Georg Ramhoussky und Erasmus Habermel, dann der Schweizer Justus Bürgi
und M. Sneeberger sind die ersten Meister, welche für Rudolf II. Uhren und Instrumente
erzeugten. So faßte die Uhrmacherkunst und die Erzeugung mechanischer Instrumente in
Prag tiefe Wurzeln und blühte dann das ganze XVIl. und XVIII. Jahrhundert hindurch.
Die Vorliebe für kostbares Material belebte wieder ein Gebiet, welches schon unter
Karl IV. geblüht, nämlich das Schleifen und Glätten der Krystalle und der Edelsteine
überhaupt. Auf diesem Gebiete war unter Rudolf II. die Familie der Miferoni thätig.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Band 15
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (2)
- Band
- 15
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1896
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.07 x 22.35 cm
- Seiten
- 708
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch