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Ein kostbarer Becher im Besitz des Fürsten von Schwarzenberg in Fraueuberg, der mit
dem Namen C. Leman und mit der Jahreszahl 1605 versehen ist, bezeugt, daß Leman
wirklich meisterhaft die Glasgravirkunst handhabte. Der Schliff ist ziemlich flach, aber
die Modelation der Figuren und Gegenstände ungewöhnlich glücklich vollführt. Leman
hat hier als Vorlage einen Kupferstich der I. und G. Sadeler benützt und nur die
ornamentalen Zuthaten, die für ihn charakteristischen Festone und Blumen sind seine
eigene Arbeit. Sein Schüler Georg Schwanhart hielt sich gleichfalls einige Zeit hindurch
iu Prag auf und war auch später für Ferdinand III. thätig. Nachhaltig war der Einfluß
jener Krystallschleifer, die auch fernerhin in Prag wirkten; wir sehen, daß zuerst auch die
Krystallformen nachgemacht werden, Formen, die vov der verschiedenen Größe und
Gestalt der Krystallstücke beeinflußt wurden; auch durch seiue Schwere und durch die
Dicke der Wände uähert sich das ältere Glas des XVII. Jahrhunderts der Krystall-
masse. Aber schon in der zweiten Hälfte des XVII. Jahrhunderts emancipirt sich das
Glas, die Formen werden schlanker und mannigfaltiger, die Verzierungen complicirter;
manchmal werden die Formen des venetianischen Glases nachgeahmt und in der ersten
Hälfte des XVIII. Jahrhunderts waren besonders Gefäße aus zweifachem Glase, welche
goldene und gemalte Bilder trugen,. beliebt. Die Mehrzahl jener Glashütten, welche
die künstlerische Richtung einschlugen, befand sich in den Händen hoher aristokratischer
Familien, wie der Harrach, Kaunitz, Kinsky und Bnqnoi. Neben diesen blieb auch die
uralte Familie der Schürer von Waldheim im Besitze der Glashütte zu Falkeuau und
vieler anderen. Namen hervorragender Glasschleifer in der zweiten Hälfte des XVII.
und im XVIII. Jahrhunderte begegnen wir selten, Alles ist das Werk jener anonymen
Künstler, deren Namen in dem guten Rufe der Glashütte selbst aufgehen. Wesentlich
beigetragen zu dem Weltrufe des böhmischen Glases haben jene, meist aus Nordböhmen
stammende Männer, welche, wie Kaspar Kittel, die Kreybichs von Steinschönau, die
Schwans von Gablonz u. a. m. vor keiner Mühe zurückschreckend dem böhmischen Glas-
handel den Weltmarkt erobern halfen.
Auf den Traditionen der Rudolfinifchen Zeit beruht bis zu einem gewissen Grade eine
besondere Abart der Kunstschnitzerei, die in Prag und Eger im XVII. und XVIII. Jahr-
hundert gepflegt wurde, nämlich die Reliefschnitzerei, wobei Hölzer verschiedener Gattung
und Farbe iu Anwendung kamen. Zahlreiche Cabinette, die sich in einheimischen und
fremden Sammlungen befinden, Kästchen und Schachbrette wie auch selbständige Bilder
sind auf diese Art ausgeführt, und an manchen finden wir auch die Namen der Meister,
namentlich der Familie Fischer in Eger. Wie das künstlich geschliffene Glas dienten auch
diese Gegenstände zur Ausschmücknng der Gemächer des prunkliebenden Adels. Von diesem
begünstigt, erhob sich noch ein anderer Zweig gerade im XVII. und XVIII. Jahrhundert
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Band 15
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (2)
- Band
- 15
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1896
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.07 x 22.35 cm
- Seiten
- 708
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch