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wir dort, wo rechtzeitig durchforstet wurde, manche prachtvolle gemischte Bestände. Über-
wiegend blieb jedoch lange Zeit der Anbau einer einzelnen Holzart, und zwar haupt-
sächlich der Kiefer, welche, zu Anfang dieses Jahrhunderts besonders favorisirt, überall
und selbst auf unpassenden Standorten angebaut wurde. Vor vierzig Jahren etwa
wurde die Saat durch die Pflanzung verdrängt, gelangt somit jetzt erstere nur selten,
und zwar da zur Ausführung, wo es sich um die Erziehung schwachen Durchforstungs-
materiales (Bindwieden) handelt oder als Unterstützung der natürlichen Besamung in
Lichtschlägen.
Gegenwärtig, wo man den Werth gemischter Bestände zu würdigen gelernt hat,
werden je nach den Standortsverhältnissen die natürliche oder künstliche Verjüngung
oder beide zugleich in Anwendung gebracht, und es wird in gut bewirthschafteten Forsten
bis ins kleinste Detail jeder Holzart der ihr am besten zusagende Standort angewiesen.
In zahllosen Baumschulen werden Millionen der verschiedensten Waldpflanzen erzogen,
diese mit der Hand oder eigens dazu constrnirten Maschinen überschult, Laubholzheistern
durch kunstgerechten Schnitt die für ihre Bestimmung nöthige Form gegeben, uud es
wird auf diese Weise nicht nur der eigene Pflanzenbedarf beschafft, sondern der Überschuß
anderweitig verkauft, noch häufiger aber an mittellose Gemeinden und Kleinwaldbesitzer
verschenkt. Keine der zahlreichen in der Forstliteratur angeführten Pflanzmethoden blieb
in den böhmischen Forsten unversucht, so daß ausgedehnte Bestände von ihrer Anwend-
barkeit Zeugniß geben können. Das gute Beispiel und der billige, selbst unentgeltliche
Bezug von Pflanzen hat viel dazu beigetragen, daß die bäuerliche Bevölkerung der
Forstwirthschast nicht mehr feindlich gegenübersteht und von ihr, namentlich im südlichen
Böhmen, nebst den Schlägen anch Hutweiden und selbst ertragsarme Äcker mittelst
Pflanzung zum Walde einbezogen werden.
Große Erfahrungen hat man auch in der Aufforstung von Torfmooren gemacht,
die seit nahezu 120 Jahren mit bestem Erfolge betrieben wird. Die Domäne Wittingan
kann mehr als 3.000 Hektar solche Forste aufweisen, worunter haubare Bestände, die
4 bis 5 6 Festmeter pro Hektar am Hanbarkeits-Dnrchschnittszuwachse abwerfen.
Das Bedürfniß nachhaltiger Bewirthschaftung der Forste, noch mehr aber die
Furcht vor Holznoth haben zu Ende des vorigen Jahrhunderts allgemein znr Forst-
ertragsregelung geführt. Fast gleichzeitig hat man fast anf allen Forstbesitzkörpern mit
der Vermessung, Bestandesausscheidung und Systeniisirung der Forste begonnen, wobei
mannigfache Methoden zur Anwendung gelangten. Im vierten Jahrzehnt dieses Jahr-
hunderts hat jedoch die Ertragsregelung (Einrichtung) nach dem sächsischen Verfahren in
Böhmen Eingang gefunden, mit deren Einführung die gräflich Thnn'fche Domäne Tetschen,
die Stadt Wittingau, die gräflich Bouquoi'sche Domäne Gratzen und die fürstlich Johann
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Band 15
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (2)
- Band
- 15
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1896
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.07 x 22.35 cm
- Seiten
- 708
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch