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anstatt und neben den alten Frischfeuern mit Hammerbetrieb die aus England gekommenen
Puddelöfen mit Walzbetrieb eingeführt wurden, wodurch ein flotterer Fortgang der Stab-
eisenerzeugung erzielt wurde. Bald darauf (in den Fünfziger-Jahren) entstanden bei uns die
ersten (ebenfalls aus England gekommenen) Coakeshochöfen. Durch die drei angedeuteten
Factoren (Dampf, Pnddeln und Coakes) wurde die Eiseuproductiou in Böhmeu wesentlich
gesteigert, dabei aber die Eisenqualität (des Phosphorgehaltes der böhmischen Erze wegen)
namhaft vermindert; das böhmische Walzeisen der damaligen Zeit galt im Allgemeinen als
schlechtes Eisen und konnte sich nur durch seine Billigkeit (im Vergleiche mit dem steirischen
Eisen u. dgl.) auf dem Markte halten. Die böhmische Eisenindustrie mußte seitdem eine
bittere Schule der Erfahrung und angestrengter geistiger Arbeit durchmachen, bis sie deu
gegenwärtigen in Bezug auf Qualität und Quantität glänzenden Standpunkt errang.
Damals — anfangs der zweiten Hälfte unseres Jahrhunderts — begann eine
Unternehmung im Eisenhüttenwesen sich zn entwickeln, deren Geschichte zugleich die
Entwicklungsgeschichte der böhmischen Eisenindustrie der Neuzeit in sich schließt; dieser
Hauptrepräsentant des modernen böhmischen Eisenhüttenwesens ist das Eisenwerk
Kladno der P rager Eisenindustrie-Gesellschaft.
Diese Aktiengesellschaft entstand aus der Kohlengewerkschaft „Klein, Lana und
Novotny" (formell) im Jahre 1856 zu dem Zweck, um den von der Gewerkschaft bereits
aequirirteu, ebenso ausgedehnten als hoffnungsvollen Grubenbesitz in dem Kladnoer
Steinkohlenrevier entsprechend zu verwerthen. Deshalb wurde (bereits um 1850) der
Eisensteingrubenbesitz erworben, welcher, an die damaligen fürstlich Fürstenberg'schen
Erzfelder bei Nneitz angrenzend, eine überaus reiche Quelle für eine nachhaltige Eisen-
produetiou darbot. Die Chancen der neuen Unternehmung erschienen umsomehr versprechend,
da einerseits in der unmittelbaren Nachbarschaft der Nueitzer Eisenerze bei Tachlovitz ein
prächtiger Kalkstein als Zuschlag für das Erzverschmelzen zu gewinnen war und anderseits
ansehnliche Partien der Kladnoer Kohle sich als backend und hiermit zur Coakesbereituug
geeignet erwiesen. Da sich außerdem die Nueitzer Eisensteine (reich an Eisen bei geringem
Qnarzgehalt) zu der ebeu damals aus England sich verbreitenden Eisenerz-Verschmelzung
mit Coakesbetrieb vorzüglich eigneten, waren alle Bedingungen für die Großprodnetion
nach den damals sich geltend machenden Anforderungen vorhanden. Das Resultat war, daß
zunächst zwei Eisenhochöfen mit den erforderlichen Hilfsbauten, namentlich auch mit einer
eigenen Coakserei, in Kladno hergestellt und in den Jahren 1854, beziehungsweise 1856 in
Betrieb gesetzt wurde«. Gleichzeitig wurde von Kladno zu de» Nueitzer Erzgruben und Tach-
lovitzer Kalksteinbrüchen eine normalspurige Eisenbahn erbaut und im Jahre 1857 eröffnet.
Das so neu entstandene Eisenwerk, „Adalberthütte" genannt, wurde alsbald
wesentlich erweitert, indem bereits von 1858 bis 1860 vier neue Eoakes-Hochösen von je
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Band 15
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (2)
- Band
- 15
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1896
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.07 x 22.35 cm
- Seiten
- 708
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch