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das von der Natur herrlich ausgestattete Land für das „glänzende" Gold einen reichen
Ersatz: das für die höchst fortgeschrittene Cnltnr wohl noch werthvollere „schwarze" Gold,
die fossile Kohle. Die ehemalige Fülle an Wäldern und der damalige verhältnißmäßig
geringe Verbrauch an jeglichem Brennstoff brachten es mit sich, daß die „schwarzen"
Schätze des Erdinneren durch lange Zeitperioden beinahe unangetastet geblieben und —
man kann sagen — dem XIX. Jahrhundert vorbehalten worden sind, welches vornehmlich
in seiner zweiten Hälfte diese Schätze in vordem nicht geahntem Maße benöthigt.
Die produktive (slötzsührende) Steinkohlenformation ist in Böhmen in zahlreichen
einzelnen Mulden in vorwiegend großartigem Maßstabe ausgebildet und wird in ganz
Österreich dieses Königreich hierin von keinem anderen Lande übertroffen.
Die böhmischen Steinkohlenmulden sind zumeist auf den Vorsilur-Schiefern (Hnron)
und theilweise auf den untersten Silurschichten (beziehungsweise Cambrinm) aufgelagert.
Die wichtigsten Steinkohlenablagerungen in Böhmen befinden sich in denUmgebnngen
der Orte: Radnitz (mit Vejvanov), Kladno (mit Rakonitz), Miröschan, Pilsen, Schatzlar
(mit Schwadovitz). Kleinere Kohlenmulden von nur localer oder doch untergeordneter
Bedeutung müssen hier unbeachtet bleiben.
I.DieRadnitzer Steinkohlenablagerung gehört zu den (geologisch und bergmännisch)
ältesten, besterforschten, allerdings auch bereits am stärksten ausgebeuteten in Böhmen.
Die Steinkohlengewinnung (wohl nur in geringfügigem Maße) datirt hier, bei Bras,
angeblich schon ans dem Anfang des XVII. Jahrhunderts; das eigentliche gierige Suchen
und Ausbeuten der schwarzen Schätze fand jedoch erst im XIX. Jahrhundert statt und
dauert noch fort. Die Schichtenfolge dieser aus mehreren Einzelmulden bestehenden
Ablagerung wird in geologischer Beziehung als Norm aller böhmischen Kohlenablagerungen
angenommen. Auf azoischen Vorsilur-Schiefern (Hnron) rnht unmittelbar die Steinkohlen-
formation mit einem wenig beachteten Unterflötz und dem etwa 10 Meter mächtigen Ober-
flötz als Hanptflötz, welches bis auf die unvermeidlichen und charakteristischen Zwischen-
mittel eine Kohle von seltener Reinheit enthält. Die Zwischenmittel nehmen etwa ein
Zehntel der Flötzmächtigkeit ein. Die Hauptmulde, ausschließlich aus echten Carbonschichten
bestehend, welche durch keine jüngeren Schichten überlagert sind, bildet ein Hochplateau
von 125 Hektar Flüchenausdehnung nächst der durch ihre Industrie schon seit langen
Zeiten hervorragenden Ortschaft Bras, derart, daß die gesummten Schichten (einschließlich
der Kohle) am ganzen Muldenumsange mehr weniger sichtlich unter einem flachen Winkel
zu Tage ausgehen und im Mittel der Mulde nahezu horizontal liegen. Demuach konnte
ein großer Theil der Kohle vom Tage aus durch Abraum gewonnen werden und die Tiefe
der Kohleufchachte im Muldentiefsten beträgt nicht über 80 Meter (so groß ist beiläufig
auch die Gesammtmächtigkeit der dortigen Carbonschichten).
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Band 15
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (2)
- Band
- 15
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1896
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.07 x 22.35 cm
- Seiten
- 708
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch