Seite - 562 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Böhmen (2), Band 15
Bild der Seite - 562 -
Text der Seite - 562 -
562
Gleichzeitig mit der Entstehung der vorgenannten Tiefbau-Anlagen entwickelte sich
nordwestlich an das neue Tiefbaufeld der Prager Eisenindustrie-Gesellschaft angrenzend
der Libusin er Kohlenbergbau der Miröschauer Steinkohlen-Gewerkschaft. Diese rührige
Gewerkschaft, welche zuvörderst die bergmännische Ausnützung der Miröschauer Kohlen-
mulde bei Rokitzan rationellst betrieb und bisher betreibt, hat sich rechterzeit (1881) die
Aufgabe gestellt zu erforschen, ob das Kladnoer Kohlenflötz, dessen weitere nordwestliche
Fortsetzung bis dahin angezweifelt wurde, daselbst nicht doch in einer größeren Tiefe zu
finden wäre. Eine zu diesem Zwecke nahe der historisch denkwürdigen Ortschaft Libusin
mit namhaften Schwierigkeiten unternommene Bohrung hat in der That Ende 1884 in
einer Tiefe von rund 430 Meter das Kohlenflötz mit 8 Meter Mächtigkeit constatirt.
Sofort wurde auf einer pafsendst gewählten Stelle mit allen modernen Mitteln der
Libusiner „Johann-Schacht" abgeteuft, welcher 1887 das schöne Flötz erreichte und
gegen 1890 zu einer eben so großartigen als elegant ausgestatteten Doppelschacht-Anlage
aus- und aufgebaut wurde. Dieselbe ist außer mit der Bustehrader Bahn auch mit der
Staatseisenbahn (Prag-Bodenbach) durch Schleppbahnen in Verbindung.
Mit dem neuen Kohlenwerke Libusin umfaßt nunmehr das Kladnoer Steinkohlen-
Revier im Ganzen vier große höchst rationell betriebene Unternehmungen, und zwar
prodncirte, dem Alter nach angeführt, im Jahre 1890: die Bustehrader Eisenbahn
4 6 Millionen, die Prager Eisenindustrie-Gesellschaft 5 8 Millionen, die Staatseisenbahn-
Gesellschaft (mit Rücksicht auf ihre Eisenbahnen) 7'8 Millionen, die Miröschauer Stein-
kohlen-Gewerkschaft in Libusin (obwohl noch in dem Stadium der Vorbereitung begriffen)
bereits 2 1 Millionen Metercentner der schönsten Steinkohle.
Das gesammte aufgeschlossene Kohlenfeld des Reviers hat nunmehr eine Länge (nach
dem Streichen) von nahe 10 Kilometer und eine durchschnittliche Breite (nach dem Ver-
suchen) von nahe 5 Kilometer. Das mit verliehenen Maßen und Freischürfen gedeckte
Feld hat aber mehr als die doppelte Ausdehnung in dem Betrage von 114 Quadrat-
Kilometer. Bei den jetzigen (und in Libusin zu gewärtigenden) Productionsverhältuisseu
(jährlich über 20 Millionen Metercentner) kann diesem schönsten und größten Kohlenreviere
noch eine mehr als hundertjährige Betriebsdauer schätzungsweise zugesprochen werden.
Mit der Kladnoer Kohlenmulde geologisch zusammengehörig, jedoch bergmännisch viel
weniger bedeutend ist die Rakonitzer Steinkohlenablagerung, welche von der Kladnoer durch
mehrere Rücken des Grundgebirges getrennt ist und das Kohlenflötz qualitativ und quantitativ
minderwerthig — gewissermaßen degenerirt ansgewiesen hat. Das Verhältniß von Rakonitz
zu Kladuo kann mit demjenigen von Vejvanov zu Bras verglichen werden. Die Kohle wurde
bei Rakonitz zunächst in der Zeche „Moravia" tagbanmäßig gewonnen, zeigte sich durch taube
Zwischenmittel unterbrochen und im Verhalten nicht anhaltend, später baute man auch bei
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Band 15
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (2)
- Band
- 15
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1896
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.07 x 22.35 cm
- Seiten
- 708
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch