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Das Rlünzwesen.
Unsere Voreltern haben schon in der vorchristlichen Zeit mit ihren Nachbarn,
vorzüglich den westlichen und südlichen, einen regen Tauschhandel getrieben, wovon viele
Beweise unter den Beigaben der Heidengräber Böhmens gefunden werden. Noch lebhafter
gestaltete sich der Verkehr zwischen Böhmen und Baiern, seit das christliche Böhmen der
Regensburger Diöcese zugetheilt wurde.
In dieser Zeit ließ Herzog Arnulf (907 bis 937) in Regensburg die ersten
Denare prägen und bald darauf hat auch Boleslav I. (935 bis 967) in Prag die erste
Münze errichtet. Daß hierbei Handelsbeziehungen mit Baiern und kirchliche Angelegen-
heiten mit Regensburg entscheidend waren, darüber belehren uns die ersten Boleslav-
Denare selbst, da ihnen die Regensburger zum Muster gedient haben.
Die auffallende Ähnlichkeit der Denare beider Länder besteht vorzüglich auf der
Rückseite in der Darstellung eines Kirchengiebels (gewöhnlich mit zwei Stufen) ohne
Einfassung, um welchen herum auf der Regensburger Münze LIVII^S, auf
der böhmischen <ÜIVI1^8 zu lesen ist. Auf der Hauptseite ist hier und dort der
Name des betreffenden Herzogs angebracht, gewöhnlich um ein gleichschenkliges Kreuz,
dessen Winkel mit Kugeln, Ringen, Punkten u. s. w. ausgefüllt sind. Die späteren Denare
Boleslavs I. behielten wohl denselben Kirchengiebel, unter dem oft Buchstaben (Münz-
meisternamen) angebracht sind, aber anstatt des Kreuzes sieht man hier gar unchristliche
Embleme, nämlich einen Pfeil oder ein Schwert; andere haben auf jeder Seite je ein
Schwert oder eines auf der einen und zwei Schwerter auf der anderen Seite. Außer
Denaren kommen auch Obole vor. Schon zu Ansang der Regierung seines Nachfolgers
Boleslav II. (967 bis 999) war die außerordentliche Ausdehnung des böhmischen Reiches
von Belang; denn außer dem eigentlichen Böhmen gehörte dazu nicht allein Mähren und
Schlesien, sondern auch Süd-Polen und Galizien bis gegen Lemberg hin und die ganze
Slovakei. Dieses bis jetzt historisch nicht genug aufgeklärte, wohl aber durch Urkunden
beglaubigte Factum findet in den Denaren dieses Herzogs insofern eine Bestätigung,
als man unter denselben in mehreren außerhalb des heutigen Böhmens gemachten reichen
Münzfunden größtentheils solche findet, die wohl in den Abbildungen mit den gleichzeitigen
einheimischen Münzen ziemlich übereinstimmen, aber fast dnrchgehends eine corrnmpirte
Umschrift tragen. Alle diese Denare sind in unbekannten Münzstätten außerhalb Böhmens
in dem großen Reiche Boleslavs II. geprägt worden und dort als böhmische Denare in
den Handel gekommen.
Boleslav II. hatte, anschließend an die Denare seines Vaters, den Kirchengiebel (mit
zwei Stufen) und auch das Kreuz oder die Schwerter auf seinen ersten Münzen belassen,
Böhmen. 37
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Band 15
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (2)
- Band
- 15
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1896
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.07 x 22.35 cm
- Seiten
- 708
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch