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Die tüchtigsten Gewerbsleute verließen in Schaaren ihre alte Heimat. Man zählte solcher
Exulanten nach beglaubigten ofsicielleu Registern auf einer einzigen der 64 Herrschaften
des bestandenen Herzogthnms Friedland, in Friedland selbst, 3180, in Reichenberg
3800. Eine Zählung in? ganzen Herzogthum, geschweige denn in ganz Böhmen, hat
Niemand vorgenommen.
Erst im Jahre 1642 wurde wieder der Versuch gewagt, die Aufmerksamkeit der
maßgebenden Kreise auf die wirthfchaftlicheu Verhältnisse des Landes zu lenken. Und in
der That erscheinen diese Bemühungen der Beachtung nicht unwerth. Sie geben Zeugniß
davon, daß in jener trübseligen Zeit ein gewisses Verständniß für gewerbliche und
commercielle Dinge bereits vorhanden war. Johann Vogler, kaiserlicher Commissär
des westphälischen Kreises, der Verfasser eines Tractates . i u r e maritima Luae
Luesareae Najeslati eompelente," war ein Mann von solchem Verständniß. Es haben
sich Bruchstücke eines Berichtes Voglers aus dem erwähnten Jahre erhalten, welcher diesen
Ausspruch zu rechtfertigen geeignet scheint. An die „Con-Eommissäre" des Genannten
gerichtet — den Abt Crispinus des Klosters Strahov und deu Grafen Heinrich Schlick —
enthält der Bericht den motivirten Antrag „auf ein in der Prager Stadt einzurichtendes
hochnutzbares Emporium oder Niederlage/' unter Voraussetzung der Thatsache, „daß die
Navigation bis Prag bereits zum Stand gerichtet." Prag soll ein Stapelplatz ersten
Ranges werden, die Handelsstraßen aus Welschland und dem Orient nach Mittel- und
Nordeuropa sollen in Prag zusammentreffen u. f. w. Auch dieses Project wurde von den
Kriegsereignissen auf die Seite geworfen; es blieb mehr als zehn Jahre liegen — „derer
damals fürgewährten schwedischen Hostilitäten halber".
Doch auch für Böhmen kehrte der Friede zurück. Die gänzliche Erschöpfung des
Landes ließ aber dasselbe seiner Segnungen noch durch Decennien nicht recht theilhaft
werden. Im Jahre 1652 traf Kaiser Ferdinand III. in Prag ein. Da kam auch
die Wiederbelebung des Handels und der Gewerbe zur Sprache, wenigstens nebenbei.
Der sich vor Allem dieser Frage bemächtigte und zu deren Lösung drängte, war das
Mitglied der böhmischen Kammer Gerhard Lenx von Luxeustein, eben im Jahre 1652
um seiner Fähigkeiten willen vom Kaiser in den Adelstand erhoben. Er knüpfte au die
Idee Voglers an, zu deren Verwirklichung er zunächst dafür eintrat, daß den Prager
Städten das Privilegium zur Abhaltung zweier weiterer Jahrmärkte unter ganz
besonderen Begünstigungen verliehen werde, um hierdurch „ein commercium activum
an auswärtige Provinzien zu assequireu".
Seine Anregungen wurden sehr ernst genommen und zu ihrer Durchführung
zahlreiche Commissionen abgehalten. Dennoch kam Gerhard Leux nicht vorwärts. Der
für den Fall der Annahme seiner Anträge als unausbleiblich nachgewiesene „considerable
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Band 15
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (2)
- Band
- 15
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1896
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.07 x 22.35 cm
- Seiten
- 708
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch