Seite - 635 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Böhmen (2), Band 15
Bild der Seite - 635 -
Text der Seite - 635 -
635
Anhörung des Commercien-Consesses privilegirtes „Gebirgs-Haudlungs-Collegium" —
auch Haudlungs-Confrateruität genannt — ins Leben, das berufen war, Gewerbe und
Handel des böhmische« Riesengebirges maßgebend zu beeiuflußeu.
Eine Art Gegenstück zn dieser Gesellschaft bildete ein weiteres höchst rationell
gedachtes Institut, ein „k. k. Leinwandmagazin", das ganz gleichzeitig mit der
TrantenauerHaudluugs-Confraternität in Pottenstein (KreisKöniggrätz) errichtet wnrde
zn dem Zweck, „dem armen Landweber ein heilsames Mittel wider die ans Noth über-
tragene Abdruckuug seines Inbricati zu verschaffen", eine Magazinsgenossenschaft unter
uumittelbarer Leitung der Behörde. Neben dem Magazin wurden zwei große ärarische
Leinwandbleichen augelegt, deren vorzügliche Einrichtung die Veranlassung bot, daß in
vielen Gegenden des Landes durch Private, namentlich aber durch die Herrschaftsbesitzer,
derartige „Commercialbleichen" eingeführt wurden. Das war besonders in der Gegend
von Schönlinde der Fall.
Von principieller Bedeutung war es, daß ein Hofdecret vom 21. März 1755 den
Leinenwebern gestattete sich „auszuzüuften". Für ein ganzes großes, ja zur Zeit das
bedeutendste Gewerbe im Lande wurde der Zunftzwang, das Um und Auf des bisherigen
Gewerbelebens, förmlich aufgehoben — kaum eiue populäre Maßregel, durch das Ver-
halten gerade der Leinenweberzünfte aber, deren Mißwirthschaft ein energisches Einschreiten
erheischte, vollauf gerechtfertigt. Zur Hebung des vollendetsten und darnm lohnendsten
Zweiges der Leinenweberei, der Erzeugung von Bcittisten, Schleiern und dergleichen, erschien
mit Hofdecret vom 31. Oetober 1755 eine „Schleierordnung" — bis ins kleinste Detail
die genaueste Anleitung zum Betriebe der bezeichneten Manusactur, die in der nächsten
Zeit Graf Ernst Gnido Harrach in Rochlitz mit Vorliebe fabriksmäßig betrieb, derselbe,
der eben damals mit dem Aufwände von 70.000 Gulden auf der Herrschaft Starkenbach
nächst Sittowa ein großes Eisenwerk errichtete, Ernstthal genannt. Der „Schleier-
ordnung" war bereits im März 1755 eiue „Papiermacherordnnng" vorangegangen,
mit der auch für diesen Fabrikationszweig ohne Zweifel vieles Gnte gethan wurde.
Von den größten Erfolgen waren die häufigen Bereisungen des Landes durch
Loscaui begleitet. Cr war iu jedem Jndnstriebezirke zuHanse; er selbst nannte die Prager
Städte, den Saazer und Leitincritzer, vorzüglich aber den Bnnzlaner nnd Königgrätzer
Kreis die eigentlichen „Commercialkreise" Böhmens, welche Bezeichnung sie in der
That bereits in vollem Maße verdienten. Den ziffermäßigen Beweis dafür erbrachten die
alljährlich vom Commereien-Eonsesse eingelieferten „Mannfacturtabellen", in deren Ab-
fassung Loscani eiu Meister war. Seine Relation über den Stand der physischen nnd
technischen Cultur des Landes, speciell der aufgezählten Couimereialkreise, im Jahre 1755
wurde das Vorbild aller ähnlichen Elaborate der Folgezeit.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Band 15
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (2)
- Band
- 15
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1896
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.07 x 22.35 cm
- Seiten
- 708
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch