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Ein Hofreseript vom 20. October 1757 verfugte die Vereinigung des Eommerzien-
Consesses und des Manufactur-Collegiums in Prag zu einer einzigen Körperschaft unter
dem Namen eines ,d<msessus in commereiulikus et manukaeturistieis". Zu dessen
Präsidenten wurde Graf Franz Josef Pachta eruannt, unter den Mitgliedern erscheint
neben den Grafen Sinzendorf, Ehamarö u. A. m. auch Otto Ludwig von Loscani.
Leider starb derselbe schon nach wenigen Wochen im November 1757. Die böhmische
Industrie verehrt in ihm einen ihrer aufopferndsten, erfolgreichsten Förderer. Der schon im
Vorjahre wieder ausgebrochene verheerende Krieg, der sieben Jahre lang und mehr als
anderswo im nördlichen Böhmen wüthen sollte, zerstörte viele, ja wohl die meisten
Schöpfungen Loscani's; er hatte gleichwohl nicht umsonst gelebt — es fanden sich Männer,
die, durch sei» rühmliches Beispiel angeregt, in seine Fußstapfen traten: Männer der
redlichen, hingebungsvollen Arbeit. Und diese Arbeit war es, die ihnen das unerläßliche
Vertrauen, auch das der Kaiserin, verschaffte, auf deren wohlwollende Einsicht nach wie
vor alles Gedeihen gestellt war.
Auch während des Krieges wurden von Wien aus Anordnungen znm Besten der
böhmischen Industrie getroffen. Dahin gehört die am 24. August 1758 publicirte „Tnch-
macherordnnng für das Königreich Böhmen", dazu bestimmt, die trotz des Handwerks-
patentes auch bei dem Wollengewerbe noch immer bestehenden Unzukömmlichkeiten endlich
auszurotten; doch waren die Zeitverhältnisse nicht darnach angethan, dieser Absicht
den gehörigen Nachdruck zu geben. Noch in die Zeit des siebenjährigen Krieges fällt
dagegen die Errichtung einer „Zeugfabrik" in Prag durch eine Frau von Textor. Ein
kaiserliches Rescript vom 15. December 1761 lenkte eindringlichst die Aufmerksamkeit der
Interessenten auf den Umstand, daß vom Jahre 1763 angefangen die Errichtung von
Cottonfabriken in den kaiserlichen Erbländern durch kein Privilegium privativem
mehr behindert sein würde, vielmehr „fürohin Jedermann freistehen wird, nicht mir die
Cottone in Unseren gesammten Erblanden zn fabriziren, sondern auch ein Jegliches der-
selben und also ebenfalls in die österreichischen mit Entrichtung der alleinigen erbländischen
Manthgebühr einen freien Handel zu führen".
Diese Einladung fiel auf einen fruchtbaren Boden. Der sie zuerst aufgriff, war Graf
Josef Maximilian Kinsky, damals Oberst-Jägermeister des Königreiches Böhmen, ein
— man darf sagen — leidenschaftlicher Freund industrieller Bestrebuugen. Als Herr der
Herrschaft Bürgstein (Kreis Leitmeritz) hatte er sich dort durch Schaffung einer ganzen
Reihe von Judnstrialien bereits als praktischer Volkswirth hervorgethan. Das Städtchen
Haida nächst Bürgstein verdankte ihm seine Entstehung; es entwickelte sich in knrzer Zeit
zu einem Centralpnukt des damaligen Verkehrs. Kinsky traf Ansialt zur Errichtung einer
Barchentfabrik uud einer Eottondruckerei. Zu ähnlichem Vorgange wnßte er auch seine
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Band 15
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (2)
- Band
- 15
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1896
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.07 x 22.35 cm
- Seiten
- 708
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch