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in allerhand landwirthschaftlichen Kenntnissen und Fertigkeiten unterwiesen wurden. Eine
neue, wohlgeschulte Generation wuchs heran. Es nimmt nicht Wunder, wenn auf solche
Weise dem böhmischen, zunächst dem deutsch-böhmischen Volksstamm allmälig eine hohe
Achtung vor der Arbeit und damit Liebe zur Arbeit anerzogen wurde, die ihn tüchtig
machte für die gewerbliche, die industrielle Zukunft seines Heimatlandes. — Es ist
bezeichnend, daß Kindermann später, nach Jahrzehnten, sich genöthigt sah, in einer
eindringlichen Belehrung „an die Vorsteher böhmischer Ortschaften im flachen Lande" die
Frage zu erörtern: „Wie man in Böhmen die Industrie des deutschen Gebirgsbauers auf
den purböhmischen (cechischen) Landmann am besten verbreiten oder ins flache Land
übertragen könne.. ."
Die kriegerischen Wirren des Jahres 1778 gingen nicht ohne neue Störungen
vorüber. Gerade damals entstand aber, inmitten des Kriegsschauplatzes, in Starkenbach-
Hrabacov, durch den schon genannten Grafen Ernst Guido Harrach ein großes
Etablissement der Leinen- und Battistweberei, das von Bestand sein sollte. Kurz zuvor
hatte im Jsergebirge, in Christiansthal, Johann Leopold Riedel eine neue Glashütte
erbaut (1775): die erste der vielen großartigen Betriebsanlagen der noch heute bestehenden
namhaften Firma Riedel in dortiger Gegend. Ein Menschenalter später fand auch die
Glasindustrie des Böhmerwaldes ihren Regenerator in der Person Johann Meyrs,
der als der Stifter der stattlichen Glasfabriken in Adolf- uud Eleouorenhain bei
Winterberg, Kaltenbach (Neuhütte), Franzensthal und Ernstbrunn (sämmtlich im
Prachiner Kreise) angesehen werden kann und dessen Name in der Firma Meyrs Neffe
(Wilhelm Kralik) mit rühmlichen Erfolgen fortbesteht.
Und noch an anderen Punkten des Landes entwickelte sich neuerdings eine erfreuliche
Regsamkeit, namentlich in der Baumwollindustrie. Von Wernstadt aus gab Johauu
Josef Leitenberger (geboren 1730, gestorben 1802) einen mächtigen Anstoß. Bereits
im Jahre 1770 hatte er dort eine Eottondrnckerei und gleichzeitig in Prag, im Teynhose,
eine Filiale derselben errichtet. Seine Leistungen waren ganz außergewöhnliche; er galt
bereits als der hervorragendste Repräsentant seines Fabrikationszweiges und rechtfertigte
diesen Ruf in jeder Beziehung, trotz Eoncnrrenz der Eosmanoser Fabrik und anderer
neuer Coneurrenzunternehmungen in Menge. In Tnpadl (Kreis Caslan) hatte Fürst
Johann Adam Auersperg mit vielen Kosten eine Baumwollzeugfabrik nebst Färberei
und Druckerei hergestellt. In Prag allein gab es (vor 1780) bereits sieben Firmen der
„Kattun- und Leinwanddrnckerei", unter denen die von Franz Hergott und Johann
Georg Berg er nicht ohne Bedeutung waren.
In Eger war mittlerweile (vor 1772) eine Mouffelinfabrik entstanden (Verleger:
Wenzel Daniel Kauders) und auch in Roßbach, im Egerlande, hob sich eben diese
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Band 15
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (2)
- Band
- 15
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1896
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.07 x 22.35 cm
- Seiten
- 708
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch