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entscheidende Schlachten — jenseits der Donau begannen und beendigten, wo die militärische
und sociale Macht Roms am stärksten organisirt war.
Nach den Hunnen beherrschten die Avaren, ein ihnen und den späteren Magyaren
verwandtes Volk, mehrere Jahrhunderte lang diesen Landestheil. Zum Schutze ihres
Landes errichteten sie Vertheidigungswerke in Form von ringförmigen Erdwällen und da
die gefährlichsten Angriffe von Westen her drohten, mußten sie wohl jenseits der Donan
die stärksten Wallburgen erbauen. In der That sind die meisten Denkmäler der avarischen
Wallburgen jenseits der Donau erhalten geblieben, auch in den Ortsnamen, wie denn der
Name Györ (Raab), der magyarisch genau das bezeichnet, was die Deutschen die „Ringe"
der Avaren nennen, in den Comitaten Raab, Veßprem und Zala noch jetzt vielfach (als
Györ, Kisgyör, Szolgagyör, Borsos-Györ, Györvär u. s. w.) erhalten ist. Das Christen-
thum, welches schon unter der Herrschaft der Römer hie und da Wurzel gefaßt hatte,
erlosch auch zur Zeit der Avaren nicht völlig; die unterirdische Grabkapelle in Fünfkirchen
ist ein Bau aus diesen Jahrhunderten des Ur-Christenthums. Die avarische Herrschaft
fand, 80 Jahre vor dem Eintreffen Ärpads, durch die siegreichen Heere Karls des Großen
ihr Ende, doch hinterließ das kurz währende fränkische Regiment auf diesem Boden, außer
etlichen geschichtlichen Wortspielen, kaum irgendwelche Spuren.
Die dritte Geschichtsperiode des vunaatül beginnt mit Ärpäd und währt noch heute
fort. Viele Anzeichen sprechen dafür, daß die endgiltige Begründung Ungarns erst begann,
als Ärpäd die Eroberung und Organisirung des DunäiMI beendigt hatte, und daß Ärpäd
in dieser Gegend ausgedehnte Besitzungen seiner Familie sicherstellte. Der Name Vaal
im Weißenburger, sowie die Namen Jn tas und Tevel im Veßprömer Comitat sind
Mitgliedern der Familie Ärpads entlehnt. Und in den uralten Ortsnamen längs der
Raab, des Marezal, am Neusiedlersee und im Mezösöld lassen sich die Benennungen, die
das Volk Ärpads aus Asien mitgebracht, am reinsten erkennen. Ärpäd erkannte mit dem
Scharsblick des Staatengründers, daß seinem Reiche die größten Gefahren von Westen
drohten; daher siedelte er die kräftigsten Schichten seines Volkes in den westlichen Theilen
an. Seine Voraussicht war ebenso weise als erfolgreich. Das Magyarenthnm des Csallököz
(Insel Schütt), der Südseite des Neusiedlersees und der „Warth" (Örseg) im Eisenburger
Comitat, obwohl zwischen den slavischen und deutscheu Stämmen des Westens eingekeilt,
ist niemals entwurzelt oder auch nur geschwächt worden, weder durch den mit dem Christen-
thum eingedrungenen westlichen Geist, noch durch slavische und germanische Angriffe, die
unter verschiedenen Vorwänden Jahrhunderte lang fortdauerten. Das deutsche und das
wendische Element konnten nur in den bergigen Gegenden des Oedenbnrger, beziehungs-
weise des Eisenburger und Zalaer Comitats erstarken, welche bei dem Magyarenvolke zu
keiner Zeit beliebt waren, daher es auch nur in den Ebenen sich dauernd einwurzelte.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (4), Band 16
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (4)
- Band
- 16
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1896
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.18 x 21.71 cm
- Seiten
- 616
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch