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Die Donau beginnt schon hier aller Zügel zu spotten, indem sie auf der kiesigen, mit
Geröll vollgeschwemmten Ebene hin und her schweift uud ein allzeit unbeständiges Bett
voll Sandbänke und Inseln bildet, welche früher sozusagen bei jeder Überschwemmung
eine andere Gestalt annahmen und den Stromlauf änderten.
Kaum haben wir seit Theben zehn Kilometer zurückgelegt, so taucht am linken Ufer,
etwa 130 Meter über den niederen Wasserstand der Donau aufragend, daher schon auf
weite Entfernung sichtbar, die Ruine des Schlosses von Preßburg auf, und ihr zu Füßen
lagert die einstige Krönungsstadt, die schon in den ältesten Zeiten ein bedeutender Platz
für Wissenschaft, Kunst und Handel war. Mit dem Lande jenseits der Donau stand sie
durch eine 270 Meter lange Schiffbrücke in Verbindung, die zu Anfang unseres Jahr-
hunderts für den Handelsverkehr große Wichtigkeit besaß, da sie Wien mit dem Districte
jenseits der Donau verband. Seither haben sich die Verhältnisse stark geändert. Während
nämlich die Dampfschiffahrt für Preßburg neue Handelsverbindungen schuf, lenkten im
Gegentheil die jenseits der Donau gebauten Eisenbahnen den Verkehr in eine ganz neue
Richtung, und Preßburg verlor nach und uach den größten Theil der jenseitigen Märkte,
deren Interessen durch die Eisenbahn immer mehr nach Wien abgezogen wurden. Diese
zurückzuerobern, war ein altes Bestreben Preßburgs, welches daher Alles aufbot, um die
nothwendige Eisenbahnverbindung mit dem vunäntül zu erlangen; dies hatte natürlich
auch zur Folge, daß an Stelle der alten primitiven Schiffbrücke eine neue stehende Fahr-
straßen- und Eisenbahnbrücke gebant wurde. So kam die Preßburg-Steinamanger
Eisenbahn zu Stande, ferner die durch ihre Größe und interessante Constructiou hervor-
ragende Franz Josephs-Brücke, welche nicht nur die Straßen-,sondern auch die Eisen-
bahnverbindung zwischen Preßburg uud dem vunäntül sichert und sich als bedeutender
Factor für die erfreuliche Hebung des Preßbnrger Handelsverkehrs erwiesen hat.
Von der Erbauung einer festen Brücke in Preßburg war schon 1838, gelegentlich der
Concession für die Wien-Raaber Eisenbahn, die Rede gewesen. Da aber die Linie bis Pest
am linken Ufer der Donau fortgeführt wurde, so blieb die Brücke ungebaut. Später wollte
die Waagthalbahn-Gesellschaft ihre Linie von Preßburg bis Ödeuburg verlängern, aber
auch dies unterblieb wegen der Finanzkrise im Jahre 1873. Ende der Siebziger und Anfang
der Achtziger-Jahre tauchte der Plan des Brückenbaues wieder auf, aber erst in den Jahren
1889 bis 1891 sahen die Preßburger ihren alten Wunsch sich thatsächlich erfüllen, und die
große Brücke, die den Namen Seiner kaiserlichen und apostolisch königlichen Majestät
Franz Josephs I. führt, wurde hergestellt. Die Brücke ist eine auf sechs steinernen Pfeilern
ruhende Eisenconstruction von insgesammt 458 4 Meter Länge. Ihre größte, mittlere
Öffnung ist 92, die beiden dem Ufer zunächst liegenden Öffnungen sind je 31 6, die übrigen
4 aber je 75'8 Meter weit. Die Brücke besteht aus einer doppelten Eisenconstruction.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (4), Band 16
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (4)
- Band
- 16
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1896
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.18 x 21.71 cm
- Seiten
- 616
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch