Seite - 171 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Ungarn (4), Band 16
Bild der Seite - 171 -
Text der Seite - 171 -
171
besteht der Bau noch jetzt. Moreau errichtete an der dem Parke zugekehrten Nordfronte
des Schlosses eine durch zwei Stockwerke gehende classicisirendeLoggia von zehn korinthischen
Säulen, auf die er als drittes Stockwerk ein viereckiges „Belvedere" setzte. An den vier
Eckrisaliten beseitigte er die aus dem Dachstuhl hervorwachsenden zwiebelförmigen Thürme
und ersetzte sie durch viereckige, mit Zeltdächern gedeckte. Aus dieser Zeit stammt auch die
elassieisireude Ausschmückung des großen Saales, der den nördlichen Flügel in der Höhe
von zwei Stockwerken ausfüllt, besonders die als Stützen der Gallerten dienenden mageren
Säulen, deren aus Palmblättern gebildete Capitäle an die egyptische Baukunst erinnern.
Moreau gestaltete auch den früheren französischen Garten in einen englischen Park um.
Im Jahre 1805 wurde auf einem Hügel des Parkes der runde, säulengetragene Kuppel-
bau erbaut, iu dem sich die sitzende Statue der Leopoldine Esterhäzy, aus weißem Marmor,
ein Werk Canova's, befindet.
Als Fürst Nikolaus Esterhäzy im Jahre 1761- Versailles besuchte, beschloß er ein
dem dortigen ähnliches Schloß zu erbauen. Als Bauplatz wählte er die am Südende des
Neusiedlersees gelegene öde, sumpfige Ebene, wo ein bescheidenes Jagdschloß namens
Siittör (3aro6) stand.
Der durch seine Neigung zum Lnxns bekanut gewordene Magnat, dem seine Zeit
den Beinamen „der Prächtige" verliehen hatte, verwirklichte seinen Plan mit unglaublicher
Schnelligkeit und eiuem in der Geschichte der Baukunst kaum je dagewesenen Geld-
aufwand? in zwei Jahren. Im Jahre 1766 war der sehr ausgedehnte Ban vollendet und
um ihn her grünte ein herrlicher französischer Garten, der aus dem gestrüppbedeckteu
Bodeu hervorgezaubert wordeu. Der Erbauer gab dem Schlosse den Namen Esterhäza;
es ist in Ungarn auf dem Gebiete der Baukunst der einzige Vertreter des für das
XVIII. Jahrhundert charakteristischen Geistes, kann sich aber anch mit den prächtigsten
derartigen Schöpfungen des Auslandes messen. Die Namen des Architekten und der
Decoratioiiskünstler, die diese ungeheure Pracht so wunderbar aus dem Stegreif herstellten,
sind nicht bekannt.
Die Anordnung des Schlosses ist hufeisenförmig, der Mangel an lebendigeren
Formen macht das Äußere eintönig, doch wirkt es im Ganzen vornehm. Der zweistöckige
Mitteltraet wendet seine Fronte südwärts; ihm schließen sich rechts und liuks gleichfalls
zweistöckige Flügel an. Diese setzen sich in ebenerdigen Gebäuden bis an den Eingang
fort und umfassen, zwei gewaltigen Armen gleich, den weiten offenen, gegen Norden, dem
Neusiedlersee zugewendeten Hof. Die Thoröffnung ist durch zwei Pfeiler getheilt nnd hat
zwischen zwei kleineren ein größeres Gitterthor.
Dem Thore gegenüber stehen jenseits der breiten Landstraße die beiden Gebäude
der Hauptwache. Die Mauern aller drei Traete sind durch Pilaster gegliedert, die zwischen
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (4), Band 16
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (4)
- Band
- 16
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1896
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.18 x 21.71 cm
- Seiten
- 616
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch