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Die zweite, Villäuy-Sikloser Bergkette, die bei Bodony mit Lehmhügeln
beginnend gegen Osten dem Meesek gleich stufenweise emporsteigt und ihre felsigen Grate
einer Zeltreihe ähnlich 25 Kilometer weit fortsetzt, um endlich in der Prächtig geformten
Harsänyer Bergkuppe zu gipfeln, — diese Bergkette gebiert keinen einzigen Bach. Was
sie an Quellen besitzt, ist warm: die Schwefelquelle des Bades Harkany und die am Fuße
der Burg Siklös entspringende Tapolcza. Nur unter dem Gyüder Kloster bricht ein
klares Wasser reichlich hervor und etwa 400 Meter oberhalb Gyüd's ist zwischen Felsen
ein Tränkbrunnen gegraben, dessen Wasser jedoch, nach der Farbe zu urtheilen, mehr ans
den Wolken als aus der Erde quillt. Der Kalksteinschoß dieser Berge ist nicht empfängniß-
fähig für Wasser, er nährt nur die Nebe uud die Buche. Die Rebe schenkt ihren kostbaren
schwarzen Wein von Billauy bis Vißlö auf allen den fonnendnrchglnhten Hügelhängen, die
sich dem südlichen Strahle darbieten, die Buche aber umschattet die Bergrücken und kündet
den Thalmenschen drei Tage vorher durch starkes Rauschen den in der Lust hängenden
Regen. Die Kette hat zwei Gipfel. Über Gyüd thront der Tenkes, dessen Haupt ein Fels-
plateau mit kaum spateutiefer Humusschicht bildet; aber man braucht nicht tiefer zu grabeu,
um Wasser blinken zu sehen. (Nämlich die silberschuppige Schlange der fernen Dran. So
pflegt die dortige Menschheit zu scherzen.) Der andere Gipfel ist die Knppe von Harfäny,
die nebenbei den Namen Sär-Somlyo führt, wie so viele andere weingeseguete Bergkuppcu
des Landes. Die Schönheit ihrer Form steigert sich mit der Entfernung. Am schönsten sieht
man sie doch von Ost und West her, von Siklös und Mohäcs aus. Sie ist ein kahles
Gethürm von Kalksteinfelsen, dereu Lagerung an der südwestlichen Seite des Berges
täuschend einem frifchgepflückten Acker gleicht. Regelrechte, geradlinige tiefe Furchen, eine
hinter der anderen. Angeblich hätte der Teufel hier den Pflng geführt, um eine Maid zu
gewinnen, als in Baranya noch Mangel an Mädchen war. Er verpflichtete sich nämlich
einem alten Weibe bis Mitternacht den Berg mit einem Hahn und einer Ziege umzuackern,
wofür des Weibes Töchterlein sein Lohn werden sollte. Wozu das Weib des gepflügten
Berges bedürfte, davon schweigt die Geschichte; sicher ist nur, daß die Arbeit flott gedieh,
so daß das Weib es geratheu fand, auf Trug zu sinnen. Eine Stunde vor Mitternacht
kroch sie in den Hühnerstall und begann zu krähen, ihr nach sämmtliche Hähne des Dorfes.
Der Teufel dachte, es sei Mitternacht und er habe die Wette verloren; so nahm er vor
Schreck reißans und ließ sich seither nicht in der Gegend blicken. Die Spuren der
seltsamen Vorspann von Hahn und Ziege sind an dem aufgeackerten Felsen noch hcnte
kenntlich. Jenseits der Ackerung, an der steilsten Stelle des Berges ist ein Wasserriß, auf
dessen Grunde sich „Znmak-Schlangeu" sonnen; wer sie stört, kriegt schwere Hiebe mit ihren
heubaumgroßen Schwänzen. So wird uuteu im Städtchen behauptet, vou Einzelnen, denn
Zwei oder Mehrere zusammen haben eine „Zumak-Schlange" noch nie erblickt.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (4), Band 16
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (4)
- Band
- 16
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1896
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.18 x 21.71 cm
- Seiten
- 616
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch