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zwei weitere Vorzüge der schönen Serbinnen. . . Und dazu dann das Also-Baranyaer
Magyarenvolk in Atila und Dolmäny, das Weibsvolk in Seide, Alles großäugig und
schlank gewachsen, das Antlitz weiß, das Haar schwarz, ganz wie der Chronist die ersten
magyarischen Heerführer beschreibt. Unter Gesang und Getümmel wimmelt das Volk vom
Marktplatz überallhin; nur eine Straße ist still. Gegen Baranyavär hin hört man blos
das Gerassel der rasch kreisenden Räder. Dieser Weg führt durch den Friedhof, auf der
Pußta Sätoristye, diesem wundersam stummen Gefilde, dessen gesegnete Scholle unter der
vollkommensten europäischen Cultur steht, so daß ihre Äcker mehr wie Blumenbeete
aussehen und das dennoch selbst an den belebtesten Arbeitstagen schweigsam daliegt, wie
eine Pußta im Alsöld am Feiertagsmorgen. Hier am „schwarzen Thor" (?ekete kapu)
hebt sich der Grenzhügel, der „Türkenhügel" (l'ürük kalvm). Hier werden selbst die
lustigsten Marktleute plötzlich still und ihr Blick schweift im Abendstrahl, der noch jetzt
wie eine Feuersbrunst leuchtet, über die Ebene hin. Oben steht das weiße Lancsnk,
gleichsam bleich und versteinert vor Entsetzen, links dunkelt in Trauer der Thurm vou
Nyäräd, rechts verbirgt sich Kölked hinter Bäumen, es hat die Ereignisse aus aller-
nächster Nähe gesehen. In weiter Ferne ragt der Baranyaer Berg (karanj'a, kexz'e)
bei Harsäny; bis dahin hat sich, wie der türkische Geschichtsschreiber sagt, die Schlacht
erstreckt. Unfern dehnt sich die Grasniederung von Vislak, deren Wasser sich eines Tages
in Blut verwandelte: am Abende des Tages St. Johann Enthauptung im Jahre 1526.
Hier beginnt die Bellyeer Herrschaft des Erzherzogs Albrecht, die iu dem
länglichen Dreieck Mohäcs-Villäny-Bellye, von der Mohacs-Esseger Landstraße und
der Villäuy-Esseger Bahnlinie durchschnitten, von letzterer auch begrenzt, in 33 Steuer-
gemeinden 11 Quadratmeilen au Erbbesitz umfaßt. Die Domäne ist in 12 Ökonomie-
nnd sieben Forstbezirke getheilt, ihr Mittelpunkt ist Föherczeglak (Erzherzogsheim) in
der Nähe der Eisenbahnstation von Baranyavär-Monostor. Die Domäne steht in innerem
Zusammenhange mit der Ungarisch-Alteuburger Herrschaft und verwendet beträchtliche
Summen auf neue Investitionen, Kanalbauten, Schutzdämme, Maschinenwerkstätten,
Versuche und die Einbürgerung zahlreicher, in dieser Gegend, ja im ganzen Lande
unbekannter Produktionszweige. Ihr Boden wird mit dem Dampfpflug gepflügt, ihre
Wälder werden durch fachkundige Hände gesäubert, in ihren Stallungen liefern
1000 Milchkühe (Allgäner, Ostfriesländer und Shorthorn-Race) an die zwei Millionen
Liter Milch für den Verkauf und für Käsebereitung. Etwa 100 Joch sind mit Hopsen
für die Ausfuhr bepflanzt. Das gibt zu Sommerseude eine reiche Ernte, nnd da das
Hopfenbrocken eine langsame und doch eilige Arbeit ist, müssen zwei bis drei Wochen
hindurch 400 Menschen dabei thätig sein, und das macht hier an die 5000 Tag-
löhne aus.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (4), Band 16
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (4)
- Band
- 16
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1896
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.18 x 21.71 cm
- Seiten
- 616
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch