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Die Bewohner dieser Ortschaften, sowie die von St. Andrä (Szent-Andräs)
wurden nach dem letzten Türkenkrieg angeblich aus Salzburg hieher verpflanzt und ihnen
zumeist kommt die Bezeichnung „Heidebauer" zu. Die Männer dieses wohlhabenden
Völkchens haben die magyarische, blantnchene Tracht angenommen, die Frauen dagegen
noch ihre alte deutsche Kleidung beibehalten. Das Eigenthümlichste an dieser ist, daß die
Frauen vom zarten Kindesalter an Hauben tragen, die sie nur als Bränte am Hochzeits-
tage ablegen, um dann als Jungverheiratete schneeweiße Hauben aufzusetzen. Ihre
Hochzeitsgebräuche sind sehr interessant. Beim Hochzeitsmahl ist die kalt aufgetragene
Schüssel Milchreis mit Zucker und Zimmt unerläßlich, desgleichen die Spritzkrapfen
(Sträuben), welche die Braut, nachdem sie über dem Tische die Hand des angesehensten
Gastes gefaßt hat, mit der Faust in Theilchen zerdrückt. Besonders groß ist das
Ceremoniel, wenn der Bräutigam aus einer anderen Ortschaft ist. Die im Ort ansässigen
Burschen spannen am Ende des Dorfes eine buntbebänderte Schnur als Triumphbogen
aus, und der Hochzeitszug zieht unten durch, doch muß der fremde Bräutigam erst ein
Lösegeld bezahlen, worauf die Burschen angesichts des jnugen Paares ein Wettlaufen
aufführen, vou dem die ersten drei Sieger mit einer Bretzel, einer Feldflasche und
einer schwarzen Henne zur Braut zurückkehren. Diese ißt einen Bissen von der Bretzel,
macht einen Schluck aus der Feldflasche und dreht der schwarzen Henne den Hals um,
aus der dann eine Hühnersuppe gekocht wird. In diesen Gemeinden, namentlich in
Zanegg, haben sich bis in die neueste Zeit gewisse Weihnachtsmysterien in seltener Voll-
ständigkeit erhalten.
Die Zanegger haben sie im Jahre 1867 auch in Raab vorgeführt; Adam und Eva
oder die Geschichte des Sündenfalles wnrde in 488, die Geburt Christi oder die Erlösung
in 1030, die drei Könige oder der Tod in 792, endlich die Satire vom Schnster und
Schneider in 666 Versen dramatisch dialogisirt und in entsprechendem Kostüm vor-
getragen.
Zu diesen Gemeinden gehören die größten Bezirke der Ungarisch-Altenbnrger
Domäne, und zwar liegen westlich von Zanegg die Gehöfte Haidehof und Haidstall
(dieser zu St. Johann gehörig), weiterhin Farkasbrnnn (Farkaskut), das im Jahre
1894 auf directeu Befehl weiland des Erzherzogs Albrecht als Besitzers in Neu-Saida
umgetauft wurde; dann jenseits der großen Meierei Albert-Easimir die Colonie
Casimir mit einer Doppelreihe hübscher Häuser, einer für Knaben und Mädchen ab-
getheilten Schule und einem ansehnlichen herrschaftlichen Gasthause. Das Schicksal dieser
Colonie hat sich sehr wechselvoll gestaltet. Ju den Dreißiger-Jahren wurden hier zur
Sicherung der nöthigen Arbeitskräfte 46 Colonisten angesiedelt, deren jedem die
Herrschaft ein Hans für den Kostenbetrag von 600 fl. erbauen ließ, so daß die Baukosten
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (4), Band 16
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (4)
- Band
- 16
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1896
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.18 x 21.71 cm
- Seiten
- 616
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch