Seite - 547 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Ungarn (4), Band 16
Bild der Seite - 547 -
Text der Seite - 547 -
547
stumpfer Thurm wurden verschont. Josef II. bewilligte die Weiterverwenduug des
Materials der Festungsmauern, worauf die Bürger all das Trümmerwerk als Baustoff
verwertheten. Das Palotaer Thor stand noch bis zum Beginn dieses Jahrhunderts
aufrecht, da wurde auch dieses als Baumaterial verschleppt, desgleichen die Trümmer der
Propstei, aus denen der bischöfliche Palast gebaut wurde. Im Jahre 1848 stieß man auf
die Krypta der Kirche Stefans des Heiligen, man fand die Gebeine König Belas III.
und seiner ersten Gemalin. In den Jahren 1862 und 1874 aber wurde unter Leitung
der ungarischen Akademie der Wissenschaften ein bedeutender Theil der Kirche Stefans
des Heiligen soweit ausgegraben, daß es möglich war, den Grundriß der Kirche sicher
festzustellen; da jedoch die neue Stadt auf der Baustelle der alten steht, uud da über den
Grundfesten der Kirche gegenwärtig der bischöfliche Palast und Garten, sowie einer der
verkehrsreichsten Theile der Stadt, Platz und Straße, sich befinden, so mußte man sich
darauf beschränken, einzelne Pfeilerstücke, Jnschristtaseln und werthvollere Materialtheile,
alles vollgiltige Beweise für die Großartigkeit der Kirche, aus Tageslicht zu fördern,
worauf diese geheiligte Stelle wieder zugeschüttet wurde. Ja, auch seither noch wurde
bei Gelegenheit einer Straßenregnlirung selbst jener stumpfe Thurm abgetragen, das letzte
bedeutendere Überbleibsel der einst mächtigen Festung. Was gegenwärtig die letzte Kunde
gibt von den untergegangenen Denkmalen, das ist eine, die eine Seite des Bischofsgartens
schützende Basteimauer, ferner einige eingemauerte Jnfchriftsteine, einige Gedenktafeln und
zwei der Kapelle Ludwigs des Großen entnommene Säulen. Dennoch ist wenigstens ein
altes Kunstdenkmal aus der großeu Vergangenheit erhalten geblieben, nämlich die unter
König Matthias erbaute St. Anna-Kapelle in der Nachbarschaft der jetzigen Domkirche.
Sie ist ein einfacher, aber gefälliger kleiner Bau mit gothischen Fenstern und im Inneren
mit hübschen Sänlen, zwei größeren und acht immer kleineren, welche die Gallerie tragen.
Unter den jetzigen Gebäuden der Stadt fallen einige hübsche Privathänser auf und
besonders die neuerbauten Miethhäuser zeichnen sich durch geschmackvolle Fanden
und zweckmäßige Eiutheilung aus. Das Zichy-Wäldcheu in der oberen Stadt, das auf
eiuer Seite durch die Honvedkaserne und eine hübsche Häuserreihe begrenzt wird, dann
weiterhin die Palatingasse mit dem Theater und zum Theil neumodischen Gebäuden,
denen sich eine ältere, aber immerhin stattliche Häuserreihe anschließt, dann der Platz
vor der Bischofsresidenz, der Rathhausplatz, der der inneren Stadt zugehörige Theil
der Palaisstraße, sodann als Fortsetzung der Comitatshansplatz, ganz besonders aber
der Vörösmartyplatz sind schöne, wohlgehaltene Straßen und Plätze, die auch einer
großen Stadt zur Zierde gereichen würden. Bemerkenswerthe öffentliche Gebäude sind
das bischöfliche Palais, vom Ende des vorigen Jahrhunderts, das Ordenshaus der
Cistercieuser, mit Kirche uud nengebautem Gymnasium, das Comitatshaus, das kleine,
S5'
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (4), Band 16
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (4)
- Band
- 16
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1896
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.18 x 21.71 cm
- Seiten
- 616
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch