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Die Stelle, wo dies geschieht, wird mit einem aus Binsen geflochtenen Apparat (,kae2vr',
Flotte) bezeichnet, der stets auf der Wasserfläche schwebt; erst gegen Morgen, so lange es
noch dunkel, rudert man hinein, ihn zu holen, und holt auch das Netz sammt den darin
gefangenen Fischen in den Kahn ein. Diese Fischerkähne waren vor Alters gewöhnlich aus
einem einzigen mächtigen Eichenstamme ausgehöhlte Eiubäume, sieben bis acht Meter
lang uud iu der Mitte sammt den Wandnilgen etwa einen Meter breit; die Aushöhlung
erfolgte derart, daß sie sich nach innen ausbauchte, die Öffnung aber eben nur weit genug
war, um einem kräftigen Manne das Sitzen auf dem Querbrett zu gestatten. Ein solcher
Kahn hieß ,koäor>x", Tonne, Tonnenkahn. Diese Form wurde vermuthlich auf Grund
praktischer Erwägung eingebürgert, weil sie bei großem Sturm, weuu der Insasse sich
im Kiel ni-dergelegt hat, dem Wellenschlage gut widersteht uud nicht sinkt. Doch sind
gegenwärtig kaum noch ein paar solche Kähne auf dem Plattensee zu seheu uud an ihrer
statt bedienen sich auch die Fischer eines dem Rettungsboote nachgebildeten Typus. Die
Winterfischerei geschieht natürlich ohne Kähne. Die Fischer tragen das große Netz hinein
und hauen dort, wo sie es versenken wollen, Reihen von Löchern in das Eis. Durch diese
Löcher stopfen sie das Netz mittels eines Stopfholzes durch und versenken es dann ganz
so wie im Sommer. Das Wiedereinholen des Netzes gestaltet sich natürlich schwieriger
und erfordert mehr Menschenkräfte als im Sommer. Die Preise der Fische sind verschieden.
Bei den Uferbewohnern erreicht das Kilo Schiel 30, andere Fische 20 Kreuzer; in etwas
entfernteren Städten, wie in Veßprem, Tapolcza, Keßthely, Karad n. f. w., sind sie um
fünf bis zehn Kreuzer theurer. Bei großem Fischreichthum und zur Sommerszeit sinken
natürlich die Preise. Moorgruudelu werden im Plattensee nicht gefangen oder doch
nur selten in den Grundschlamm führenden Theilen im sogenannten kleinen Plattensee;
wohl aber fängt man Krebse, wenn auch nicht für den Handel, sondern jeder nur zu
seinem Hausgebrauch, und zwar auf eigenthümliche Weise. Es gibt im Plattensee zwei
Sorten eßbarer Krebse: den gemeinen Flußkrebs (^slacus lluviutilis) und den
sogenannten „Ziegenkrebs" (Snmpskrebs, ^stacns leptockuctylug). Diese haben bekanntlich
die Gewohnheit, Abends dem Ufer zuzueilen, ja sie steigen sogar an das Ufer, ins Gras,
um auf die dort vorfiudlicheu Juseeten Jagd zu machen. Da gehen dann nach Sonnen-
untergang die Knaben und Burschen ans Ufer- hinab, zehn bis zwölf Rohrhalme unter
dem Arm, die sie an einem Ende anzünden, um bei diesem Lichte, bis an die halbe Wade
im seichte» Uferwasser umherwatend, die landwärts drängenden Krebse abzufangen und mit
gefüllten Schnappsäcken heimzukehren.
Rohr besitzt der Plattensee nicht überall, immerhin wachsen davon bedeutende
Mengen in den großen Buchten, besonders denen von Füzfö, Esopak und Szigliget; auch
im kleinen Plattensee und bei Fenek kommeu verhältnißmäßig große Röhrichtstrecken vor,
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (4), Band 16
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (4)
- Band
- 16
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1896
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.18 x 21.71 cm
- Seiten
- 616
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch