Seite - 68 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Mähren und Schlesien, Band 17
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der Gradangabe» des genannten Geographen nach Mahren verlegt werden könnten, allein
diese Gradangaben sind, wenn man auch Correetnren anbringt, so unbestimmt und zweifel-
haft, daß man keine Sicherheit über die Lage dieser Städte gewinne« kann. Ob daher die
herkynischen Bojer keltischer Abstammung waren, von wo und wie weit ihr Gebiet sich
erstreckte uud ob sie namentlich auch in Mähren wohnten, läßt sich mit absoluter Sicherheit
nicht feststelle»; ebensowenig ist die auf die bekannte Stelle in der Germania des Tacitus
sich stützende Meinung, daß die Bojer aus ihren Sitzen durch die Markomannen verdrängt
wnrden, unanfechtbar; es geht vielmehr aus Contzeus umsichtiger Darstellung (in dessen
Werke: Wanderungen der Kelten) hervor, daß „die Vertreibung der Bojer aus Böhmen
dnrch die Markomannen und deren Niederlassung daselbst unter Marbods Herrschaft zwei
verschiedene um beiläufig ein Jahrhundert auseinander liegende Ereignisse sind".
Wie weit die Markomannen das ehemalige Bojerland einnahmen, läßt sich mit
voller Sicherheit nicht feststellen; sicher ist, daß die mit ihnen von jeher verbündeten
Qnaden sich in Mähren, wenn nicht in seiner ganzen Ausdehnung, so doch im südlichen
und östlichen Theile desselben festsetzten. Der Hanptstvck des Qnadenvolkes saß im
heutigen Oberungarn (Slovakei), wo er bis zum Flnße Gran reichte. Auch der Umstand,
daß Kaiser Mark Aurel das erste Buch seines bekannten Werkes mit den Worten schloß:
„Geschrieben im Lande der Qnaden am Flnße Gran;" ferner der Umstand, daß die römischen
Heere häufig bei Aqnincnm (Alt-Ofen) oder bei Bregetinm (gegenüber vou Komorn) sich
sammelten, um von dort ans ins Qnadenland einzubrechen, spricht dafür, daß der Hanptfitz
der Qnaden im nordwestlichen Theile des heutigen Ungarns war, wo sie an die damals
schon mit slavische» Elementen vermengten sarmatischen Jazygen grenzten.
In diesem Gebiete wurden die Gefolgschaften der beiden aus Böhmen vertriebenen
Fürsten Marbod und Katwald durch Kaiser Tiberius angesiedelt (21 n. Chr.) uud der
Quade Vauuius aus dem Geschlechte des Tudrus als König eingesetzt, der durch 30 Jahre
regierte, aber wegen seiner Römerfreundlichkeit durch den Hermunduren Vibilins, welchen
die mißvergnügten Neffen des Vannins, Vangio und Sido, unterstützten, der Herrschaft
beraubt wurde, worauf sich die beiden in dieselbe theilten (51 n. Chr.). Sido lebte noch im
Jahre 69 n. Chr. und kämpfte als Anhänger der Flavier in der Entscheidungsschlacht bei
Cremona (69 n. Chr.), nach welcher Flavins Vespasianns den römischen Thron bestieg.
Seit dieser Zeit verschwindet das einheimische Königsgeschlecht der Qnaden, welche nach
Tacitus' Aussage von da an durch Könige aus fremdem Stamme beherrscht wurden, die
aber den Römern genehm sein mußten und denen die Pflicht oblag, mit ihren Truppen
die römischen Heere zu unterstützen. Falls sie sich weigerten, dies zu thun, wurden sie zur
Verantwortung gezogen, wie es unter Kaiser Domitian (81 bis 96 n. Chr.) geschah,
welcher wegen verweigerter Trnppensenduug in seinem Kampfe gegen die Daken die Qnaden
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Mähren und Schlesien, Band 17
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Mähren und Schlesien
- Band
- 17
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1897
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.42 x 21.88 cm
- Seiten
- 750
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch