Seite - 129 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Mähren und Schlesien, Band 17
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Bezirken des Landes, insbesondere in jenen mit größerer Dichtigkeit der Bevölkerung
häufiger stattzufinden pflegen, aber auch von einer größeren Kindersterblichkeit begleitet
sind. In den Sudetengegenden, deren Bewohner wegen des wenig erträglichen Bodens
zuweilen nur mit Schwierigkeiten einen eigenen Hausstand zu gründen vermögen, ist die
Anzahl der unehelichen Geburten häufiger als im übrigen Lande.
Die Sterblichkeit der Bewohner Mährens, welche gleichfalls in den dicht
bewohnten Niederungen im Centrum des Landes, sowie in den in sanitärer Beziehung
minder entwickelten Gebirgsbezirken an der mährisch-ungarischen Grenze nnd im Bezirke
Mistek wegen der eigenartigen Jndustrieverhältuisse eine höhere zu sein pflegt als in den
übrigen Landestheilen, kommt der mittleren Sterblichkeit des österreichischen Staatsgebietes
nahe und beträgt im zehnjährigen Durchschnitt 28 Todesfälle auf 1000 Einwohner.
Infolge der bereits 12 Jahre bestehenden Organisat ion des Sani tä tsdienstes
in den Gemeinden —der ersten durchgreifenden Sanitätsorganisation in Österreich —
und der hierdurch ermöglichten gründlicheren Bekämpfung der Infektionskrankheiten ist die
Sterblichkeit an diesen Krankheiten und die allgemeine Mortalität gegenüber früheren
Zeiten auf ein wesentlich geringeres Maß gesunken. Hierdurch sind ohne Zweifel auch
manche Gebrechen seltener geworden, welche wie Blindheit, Taubheit, Krüppelhastigkeit oft
in der Kindheit durch vernachlässigte Erkrankungen acquirirt werden. In dieser Beziehung
nimmt Mähren unter den Reichsländern eine verhältnißmäßig günstige Stelle ein.
Nach den Ergebnissen der letzten Volkszählung kamen in Mähren auf 10.000 Ein-
wohner nur 8 bis 9 Blinde, 14 Taubstumme, 16 Irrsinnige und 6 Eretins. Während die
Blinden im Allgemeinen gleichmäßig spärlich im Lande vertheilt sind, wenn auch eine
Zunahme da wahrzunehmen ist, wo Infektionskrankheiten und namentlich Blattern
häufiger herrscheu, liegt das Gebiet der größten Relativzahleu von Taubstummen,
Eretins, Blöd- und Irrsinnigen im Nordosten des Landes in den Bezirken Walachisch-
Meseritsch und Holleschau, von wo aus es sich in westlicher Richtung, die Sudeten
berührend, mit abgeschwächter Intensität bis in den Boskovitzer Bezirk erstreckt, nach
Süden in den Ungarisch-Broder Bezirk, nach Norden in den Misteker Bezirk übergreift.
In mancheu dieser Gegenden kann der verderbliche Einfluß des leider verbreiteten
Branntweingenusses auf den menschlichen Organismus sowohl in Bezug auf die
Degeneration des Nervensystems als auf die minder günstige Entwicklung der Nachkommen-
schaft nachgewiesen werden.
Wir haben neben den vorwiegenden erfreulichen Thatsachen nicht die Schäden
verschwiegen, mit welchen der Bevölkerungsorganismus Mährens behaftet ist, Schäden,
die, zum Theile verbesserungsfähig, das kraftvolle Gedeihen der im Kern gesunden
Bevölkerung zu bedrohen nicht im Stande sind.
Mähren. S
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Mähren und Schlesien, Band 17"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Mähren und Schlesien, Band 17
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Mähren und Schlesien
- Band
- 17
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1897
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.42 x 21.88 cm
- Seiten
- 750
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch