Seite - 136 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Mähren und Schlesien, Band 17
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Am Tage der Erscheinung des Herrn schreibt der Hausvater — in früherer
Zeit, da die Schreibekunst noch wenig verbreitet war, war dies ein Vorrecht des Schul-
meisters — an jede Thür im Hause die Jahreszahl und mitten hinein die Anfangsbuchstabe»
der Namen der heiligen drei Könige: C-<-M -i- B. Die Kreide ist geweiht, mit welcher das
Zeichen gemacht wird, und jedem bösen Einflüsse, den Hexen und Tenfeln ist hierdurch
gewehrt. Mit dem heiligen Dreikönigstage enden die zwölf Nächte, deren erste die heilige
Christnacht selber war. Nach ihrer Beschaffenheit schließt der sorgsame Beobachter darauf,
wie sich die zwölf Monate des neuen Jahres hinsichtlich der Witterung anlassen werden.
Gleich von Neujahr an und bis tief iu den Fasching hinein gehen arme Kinder
als „Heilige drei Könige" von Haus zu Haus. Sie haben über ihre gewöhnliche
Kleidung ein Hemd angezogen und tragen auf dem Kopfe eine Art papierene Bischof-
mütze oder eine Krone aus Goldpapier. Der eine hat sich wohl auch mit Kienruß im Gesicht
schwarz gemacht. Der mittlere der Drei hat in der Hand einen hohen Stab, an dessen
Spitze ein Stern befestigt ist. Wohin sie kommen, dort singen sie irgend ein bezügliches Lied
oder sprechen einen Spruch, aber sie bringen keine Gaben mit, im Gegentheil, sie wollen
selbst beschenkt sein.
Und nun kommt der Fasching. Da gibt es allsonntäglich bald im Dorfwirthshause,
bald in den Dörfern der Umgebuug Musik und Tanz. Ein eigener Leichtsinn erfaßt
die junge Welt und fröhlicher Lebensgenuß wird die Losung des Tages. Besonders in
den letzten drei Faschingstagen wird dem Tanze gehuldigt. Am Faschiugsmontag und
-Dienstag sieht man vielfach junge Bnrschen maskirt durch die Straßen ziehen. Die Ver-
mummung ist freilich meist eine recht einfache. Recht alte und zerrissene Kleider, Stroh,
Werg und Reisig bilden dabei die Hauptsache. Natürlich darf eine Larve vor dem Gesicht
oder wenigstens eine falsche Nase nicht fehlen. Der Grundsatz ist: je häßlicher, desto besser.
Als Symbol der Fröhlichkeit führen sie in der Rechten die mit einem Bande geschmückte
Weinflasche. Daß es dabei nicht ohne Lärmen abgeht, ist selbstverständlich. Wo eine flinke
Tänzerin wohnt, bleiben die Maskirten gerne stehen und wissen es oft so einzurichten,
daß dabei etwas „zum Vertrinken" für sie herausschaut. Das einst in viel solennerer Form
üblich gewesene „Baßbegraben" — der Abschluß des Faschings — beschränkt sich heute
meist auf ein bloßes Umhertragen der Baßgeige in der Tanzstube um die Mitternacht vor
dem Aschermittwoch, wobei die Theilnehmer recht traurige Mienen annehmen. Die frohen
Klänge der Musik verstummen, die Zeit der Buße kommt heran.
In der „Faste" ist das „Bretzel" ein allenthalben beliebtes Gebäck. Es ist ganz
zweifellos die Darstellung des Sonnenrades mit seinen Speichen und hängt mit den
Festen zusammen, welche die alten Deutschen aus Anlaß „der Umkehr des Sonnenrades"
zu feiern pflegten. Es ist merkwürdig, wie lebendig gerade bei den Deutschen Mährens die
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Mähren und Schlesien, Band 17
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Mähren und Schlesien
- Band
- 17
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1897
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.42 x 21.88 cm
- Seiten
- 750
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch