Seite - 151 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Mähren und Schlesien, Band 17
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gerötheten Augen betrübt zu Boden, und noch so manche Thräne rinnt über ihre Wangen.
Der erste „Drionschknacht" führt sie zum Altar. Nach der heiligen Handlung begibt sich
der Zug zunächst ins Wirthshaus. Zum ersten Male darf sich der junge Ehegatte zu den
„Männern" setzen, zum ersten Male wird er statt mit Du mit Ihr angeredet. Abends ist
große Tafel bei den Eltern der Braut. Das neue Ehepaar wird über den Tisch hinüber
in den „Brautwinkel" geführt. Bald uach Beginn des Mahles bringt der erste Drionsch-
knacht ein Schüsselchen herbei, wirft einige Silbermünzen darauf („d'r Braut öf a
Klep'rla, Einibond onn e Kind'r-Kapla") und fordert die Anwesenden auf, desgleichen
zu thun. In den Pausen des Festmahls bewerfen sich die jungen Leute mit Zuckerln, und
siud diese ausgegangen, mit Erbsen, Linsen u. dgl. Gegen Ende des Mahls bringen die
Mädchen eine Art Christbäumchen herbei, das mit allerlei Gaben behängt ist, aber auch
zahlreiche Spitzen und Dornen aufweist. Davon muß Jeder etwas bekommen, und sollten
auch dabei die Hände gräulich zerstochen werden. Schließlich wird als letzte Speise ein
Ungeheuer von einem Kuchen aufgetragen, der aus schwärzerem Mehle gebacken ist und
an alle Gäste vertheilt wird. Draußen vor den Fenstern steht eine Menge ungeladener
Gäste, denen die Theilnehiner an dem Festmahle ab und zu recht ausgiebige Portionen
von Knchen, Fleisch, namentlich aber von Hirsebrei und Zwetschkenmus, welche beide bei
keiner Hochzeitstafel fehlen dürfen, verabreichen. Nach der Mahlzeit gehts zum Tanze in
das Wirthshans. Das erste Stück der sich bis zum hellen Tage fortsetzenden Tanzordnung
ist der „Brauttanz", ein langsamer Tanz nach alterthümlichem Muster. Mittwoch ist
Mittagmahl beim Brautvater. Nachmittags wird die Braut in die Wohnung des Bräuti-
gams eingeführt. Er kommt ihr vor die Thüre entgegen und wartet ihr mit Knchen auf,
dann führt er sie dreimal um den Tisch hernm, hierauf über den Tisch und übergibt ihr
die Schlüssel. Daran schließt sich ein Imbiß, worauf der Tanz in der Wirthsstube
fortgesetzt wird. Der Donnerstag ist der letzte Festtag. Da wird das Heiratsgut (die Aus-
stattung der Brant) in ihr neues Heim übersiedelt. Dies geschieht auf mehreren Wagen.
Auf dem ersten Wagen, dem „Brautwagen", worauf der Flachs geladeu ist, sitzt eiu
hübsches, mit einem Kränzlein geschmücktes Mädchen am Spinnrocken und spinnt. Auf
einem zweiten Wagen steht ein Bett, es ist mit einer Unzahl von Polstern umgeben und
dariu liegt — eine Wöchnerin. Auf anderen Wagen folgt anderer Hausrath, Getreide,
u. dgl. Die Brautjungfern („Meitmoadlich") sitzen auf den Fuhrwerken, die „Meitknacht"
reiten daneben auf schönen Pferden. Vor dem Wohnhause der neuen Eheleute angelangt,
legen alle die Hand an, das Abladen raschestens zu besorgen, wofür natürlich wieder durch
ein Glas Wein oder Schnaps nebst Zubiß bestens gedankt wird. Die jungen Burschen
gehen dann noch ins Gasthans und trinken ein paar Krüge auf des Bräutigams Wohl
— und Kosten. Damit ist die Hochzeit zu Ende.
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Mähren und Schlesien, Band 17"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Mähren und Schlesien, Band 17
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Mähren und Schlesien
- Band
- 17
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1897
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.42 x 21.88 cm
- Seiten
- 750
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch