Seite - 152 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Mähren und Schlesien, Band 17
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Wie die Begebenheiten des Familienlebens und die festlichen Zeiten des Jahres,
so werden hier und da auch gewisse historische Eriuneruugstage festlich begangen. So
z. B. in Brünn das Schwedenfest als Gedächtuißfeier der am Iii. August 1645
(„Maria Himmelfahrt") erfolgten Aufhebung der Belagerung der Stadt durch die
Schweden unter Torstenson. Vormittags ist festlicher Gottesdienst, nachmittags ein
Volksfest im Schreibwalde, desseu Programm indessen ganz modern ist und zu dein
historischen Anlasse keinerlei Beziehung hat. Aus der Vergessenheit, in die es zu versinken
drohte, wurde neuerdings ein uraltes schönes Fest gerettet: der Berghäuerzug zu
Jglau . Der Tag des heiligen Johannes des Täufers (24. Juni) wurde dort seit alter
Zeit als Gründungstag der Stadt gefeiert. In phantastisch ausgeschmückten Berghäuer-
kleidern begeben sich die deu Festzug bildenden Knaben, etwa hundert an der Zahl,
ausgestattet mit den verschiedenen Attributen des Ranges und Amtes, die sie vertreten,
als Huetmäuuer, Nachthnetmäuuer, Bubeuhuetmänner, Bergrichter n. s. w., aus der
Stadt von der St. Jakobskirche aus nach dem uuserue der Stadt auf eiuem Hügel
gelegenen Kirchlein des heiligen Johannes. Inmitten des Zuges schreitet der „Wünsche!
ruthengänger", der in der Hand die „Wünschelruthe" (einen Zweig des Haselstrauches)
trägt. Wer im Besitz derselben ist, dem öffnen sich von selbst die reichsten Adern des in
der Erde verborgenen Schatzes an edlem Metall. Den Abschluß bilden Rathsherren
und Patrizier mit goldenen Ketten um den Hals, gleichfalls in der sehr kleidsamen
Tracht früherer Jahrhunderte. Oben in dem Kirchlein findet ein Festgottesdienst statt.
Hier waren, einer alten Überlieferung nach, die Anfänge von Jglau, das bald als eine
reiche Bergstadt in den deutschen Landen bekannt und seiner „Bergrechte" wegen berühmt
wurde. Der geschichtliche Ursprung der Stadt ist wohl dunkel, die Sage bringt ihn mit
einem Waffenträger Karl des Großen zusammen, dessen Name Johannes war; die
Heere des großen Frankenkönigs kamen hier anläßlich seiner Kämpfe gegen die Avaren
angeblich vorüber.
Volkslieder, Volksschauspiele. — Die Blüte menschlicher Gefühle äußert
sich im Liede. Daß auch die deutschen Mährer ihre Lieder haben, ist schon aus dem, was
über ihre eigenthümlichen Sitten und Gebräuche gesagt wurde, deutlich zu entnehmen. Wie
allwärts ist auch bei ihnen die Erhebung zu Gott eiue reiche Quelle poetischer Empfindung,
daher die zahlreichen Stoßgebete, Weihnachtslieder und anderweitige noch mit dem
Heidenthnm zusammeuhängende Gesänge.
Schon auf das zarte Kindesalter üben Vers und Reim eiue unverkennbare Wirknng.
Wir lernen diese Kinderpoesie kennen beim sogenannten Auszählen:
„Eins, zwei, drei, vier. Schlägt de Drunimel hinten naus,
Hängt der Mantel hinter der Thür, ! Piinpes, Pampes, dn bist draus!" (Wachtel.)
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Mähren und Schlesien, Band 17
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Mähren und Schlesien
- Band
- 17
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1897
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.42 x 21.88 cm
- Seiten
- 750
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch