Seite - 174 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Mähren und Schlesien, Band 17
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Grundlagen nicht einmal einheitlich sind. Sc> wird in der Sprachinsel von Brünn und
den zwölf umliegenden Dörfern der baierisch-österreichische Dialect ohne charakteristische
Besonderheit gesprochen. Nur die bald stärkere, bald geringere Unterscheidung von Tenuis
und Media, der ungemein flüchtige Wechsel der Vocale, welcher den Eindruck hervorruft,
als ruhten dieselben nicht sicher im Sprachgefühl, lassen die Mnndart als eine durch
starken Assimilationsproceß hervorgegangene erkennen. Die geschichtliche Überlieferung von
Zuwanderungen aus dem Alpengebiete, den Rheinlanden und aus Schwaben findet denn
auch in dem bunten Wortschatz des Brünner Dialectes ihre Bestätigung.
Besondere Verhältnisse liegen in der mit einem Theile nach Böhmen reichenden
Sprachinsel von Jglan vor. Die Mediae werden gewöhnlich so schwach gesprochen,
daß sich cl zwischen Liquiden und Vocalen fast ganz verflüchtigt, woraus oft starke
Contractionen hervorgehen: Mat — Mädchen, Fonn — Faden, meln — melden; in-
nnd auslautendes 8 aber zeigt entschiedene Neigung zur Aspiration, welche freilich die
Schärfe des ck nicht erreicht: Wegh, Voghl. Für die flüchtige Natur der Mediae spricht
auch der häufige Übergang des b in die Spirans, besonders vor Vocal und Liquida:
sterwen. Die Artikulation der labialen und gutturalen Tennes ist namentlich im Anlaute
so wenig charakteristisch, daß p häufig, k nach Liquiden regelmäßig in die Media übergeht,
Blattn — Platte, glägen — klagen; Gügug — Kukuk, weshalb denn in einzelnen Fällen
sogar ursprüngliches k aspirirt wird oder, wie im Schlesischen, die Media dentalis
ausfällt: Werch — Werk, Kole — Kalk. Eigenartig ist die Stellvertretung des durchaus
fehlenden pk, welches in- und auslautend zn p, anlautend zu xk wird: Köp, Teppr,
Gferd — Kopf, Töpfer, Pferd.
Der baierisch-österreichische Charakter der Mundart verräth sich vor Allem durch die
weitgehende Nasaliruug. Im Auslaute fällt n gewöhnlich aus und überträgt den Eigenton
an den vorausgehenden Vocal: na' — nein, sche' — schön. Entschiedener Übergang von
» zu a findet jedoch nur bei nachfolgendem redncirtem >' statt: wart — Wort. Überhaupt
kommt der Vocalstand in der Stadt, abgesehen von den zahlreichen Dehnungen, dem
Neuhochdeutschen sehr nahe. Nur vor r werden die Laute verschiedenen Herkommens
zn i erhöht: irmer ärmer, schnurzen — schmerzen. Mitteldeutsch sind die prägnanten
Kürzen i und u für die Diphthonge ie, üe und uv in schissen -- schießen, grissen — mittel-
hochdeutsch grüben, suchen — mittelhochdeutsch suocheu u. s. w. Fast ausnahmslos
ist das Festhalten des Unterschiedes zwischen dem alten und dem aus mittelhochdeutsch
i hervorgegangenen ei. Jenes wird durch ein offenes, klares a, dieses durch ai vertreten:
wach — weich, srai — frei.
Verschieden gefärbt tritt der Vocalismus in den umliegenden Dörfern auf. Während
im städtischen Bereiche statt ü und ü, falls der Umlaut nicht ganz zurückgezogeil ist,
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Mähren und Schlesien, Band 17"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Mähren und Schlesien, Band 17
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Mähren und Schlesien
- Band
- 17
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1897
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.42 x 21.88 cm
- Seiten
- 750
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch