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wird sie heiraten. Auch laufen die Mädchen zum Bach, greifen mit der Hand ins
Wasser und schließen sodann aus dem, was sie zufällig herausfischen, auf Stand und
Beruf ihres Zukünftigen. Ein Stückchen Holz läßt sie einen Zimmermann oder Tischler
erhoffen, Leder stellt einen Schustermeifter in sichere Aussicht n. s. w. Auch gießen die
Mädchen geschmolzenes Blei ins Wasser und suchen aus de» so entstandenen Gebilden
den Beruf ihres Zukünftigen zu ergründen. Wollen mehrere Mädchen errathen, welche
von ihnen früher heiraten wird, so legen sie ihre Kopftücher auf ein Sieb und schütteln
sie. In derselben Reihenfolge, wie die Tücher aus dem Siebe herausfalle», werden die
Mädchen nach einander unter die Haube kommen. Der Hauswirth wieder sucht zu erfahren,
wie sich das Wetter im folgenden Jahre gestalten werde. Zu diesem Behufe füllt er
12 Nußschalen mit Wasser und stellt sie in eine Reihe, die Reihenfolge der 12 Monate
verfinnbildend. Nach dem Maße des aus den einzelnen Nußschalen bis zum nächsten
Morgen verdunsteten Wassers werden die durch die Nußschalen vorgestellten Monate
naß oder trocken sein.
Änch vor der Erforschung dessen, „was die Götter weise verhüllen mit Nacht und
Grauen", schreckt der Mensch an diesem Tage nicht zurück. Wenn das Licht am Abend ins
Zimmer getragen wird, beobachtet man an der Wand den Schatten der anwesenden Personen.
Wessen Schatten keinen Kopf hat, der wird den nächsten heiligen Abend nicht erleben. Nach
dem Nachtmahl legt jeder ein Stückchen Kuchen auf eine Schaufel, die man dann der
Hauskatze vorhält. Wessen Kuchen die Katze zuerst auffrißt, der ist im Sterben der erste an
der Reihe. Wenn am heiligen Abend die Pferde im Stalle wiehern, stirbt der Hauswirth.
In der Walachei bringt der Knecht am heiligen Abend nach dem Mahle aus dem
Walde das sogenannte „Glücksbänmchen" (Zöastieka), einen Fichtenzweig mit drei Wipfeln,
und steckt es in den Dünger. Nach Mitternacht vor der Frühmette geht das Dienstmädchen
znm Bache, schöpft mit dem Kruge dreimal gegen den Strom Wasser, tancht das Glücks-
bänmchen, zu Hause angekommen, in dieses sogenannte „Jordanwasser" ein, besprengt
damit alle Hausleute und sagt dazu einem jeden einen besonderen Glückwunsch auf. Dann
wird das Wasser in eine Schüssel gegossen, jeder wirft in dasselbe ein Geldstück und wäscht
sich damit. Hierauf nimmt das Dienstmädchen das Wasser, begibt sich damit in den Kuh-
und Schafstall, besprengt das Vieh und bringt auch ihm seine Glückwünsche dar. Das
Glücksbänmchen wird dann in seine drei Bestandtheile zerschlitzt, ein Wipfel wird im
Zimmer, der zweite im Kuhstall und der dritte im Schafstall hinter den Tragbalken
gesteckt, wo sie bis zum nächsten heiligen Abend verbleiben.
Der Christtag ist der größte Feiertag im ganzen Jahre. An diesem Tag werden
nicht einmal die nothwendigsten Arbeiten verrichtet. In der Frühe wird weder das Bett
gemacht, noch gekehrt, in manchen Ortschaften nicht einmal gekocht; es werden nnr kalte
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Mähren und Schlesien, Band 17"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Mähren und Schlesien, Band 17
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Mähren und Schlesien
- Band
- 17
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1897
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.42 x 21.88 cm
- Seiten
- 750
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch