Seite - 250 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Mähren und Schlesien, Band 17
Bild der Seite - 250 -
Text der Seite - 250 -
250
für Kartoffeln. Hier oder im Flur steht eine Handmühle zum Mahlen des Getreides.
In kleineren Wirthschaften führt die Thür aus dem Vorhause auf der der Stube
gegenüberliegenden Seite direet in den Stall.
Mittelst einer steilen massiven Holzstiege gelangt man vom Flur auf den Hausboden,
der zugleich als Vorraths- und Kleiderkammer dient. Hier wird im Winter auch das
geschlachtete Schwein (dem die Walachen den Kosenamen maSik geben) zum Selchen
aufgehängt. In manchen Häusern befindet sich auf dem Boden ein eigener Verschlag in der
Mitte des Giebels ober der Stube: ein winziges, nur durch die Giebelfensterchen spärlich
beleuchtetes Dachstübchen, in dem Kleidertruhen aufbewahrt werden.
Jene Hausseite, von der aus die einzige Thür ins Haus führt, ist regelmäßig von
einem gedeckten, auf Säulen ruhenden Gang umgeben, dessen unterer Theil mit Brettern
verschalt, hier und da aber auch mit hübsch geschnitzter Brüstung versehen ist. Bei größeren
Häusern, namentlich bei den meist einstöckigen Erbrichtereien laufen solche Gänge auf
mehreren Seiten um das Haus herum, wodurch dasselbe an Lebhaftigkeit und Anmuth
der Linien nicht wenig gewinnt.
Die ganze Kunst des walachischen Bauern, der sich sein Haus sammt Allem, was
d'raus und d'ran ist, selbst baut und zimmert, ist auf den Giebel concentrirt, dessen
senkrechte Bretter (svisle) von kleinen, verschiedensörmig ausgeschnittenen Fensterchen
durchbrochen, unten mit einer Traufe, oben entweder mit einem runden Giebeldach
(kvölud) versehen oder mit einem Halbwalm abgestumpft sind. Die Stelle einer Wetter-
fahne auf dem Dachfirst nimmt ein thönernes Miniatnrthürmchen oder aber ein blecherner
Hahn ein. Auf dem unteren, vor Regen geschützten Brette des Giebeldaches steht die
Jahreszahl und der Name des Erbauers, zuweilen auch ein frommer Spruch.
Die Wirthschaftsgebäude, die allerdings nur bei wohlhabenderen Bauern zu finden
sind, umstellen entweder einen rechteckigen Hof oder aber sie stehen einzeln, ohne Ver-
bindung und zwanglos im Gehöfte herum. In den Dörfern an der ethnographischen
Grenze der mährischen Walachei und Slovakei (im Visovitzer Bezirk) steht in einem jeden
Bauernhofe ein kleines, fensterloses Häuschen — die „Kammer" — mit quadratischem
Grundriß, das im gemauerten Souterrain als Keller, im hölzernen Obergeschoß, zu dem
eine kleine Holzstiege führt, als Obstkammer dient. Im Walachisch-Meseritscher Bezirk
hingegen sind wieder eigene Obstdörrhäuser zu finden. Da die Hauptnahrungsquelle der
mährischen Walachen in der Viehzucht und dem Obstbau besteht, so sehen dementsprechend
auch die walachischen Scheunen winzig klein aus im Verhältniß zu den mächtigen Scheunen
der nur den Ackerbau treibenden Hannaken.
Das mährisch-walachische Holzhaus war nicht auf das Dorf beschränkt: auch die
Städte der mährischen Walachei waren ehemals durchwegs aus Holz gebaut; heute sind in
zurück zum
Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Mähren und Schlesien, Band 17"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Mähren und Schlesien, Band 17
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Mähren und Schlesien
- Band
- 17
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1897
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.42 x 21.88 cm
- Seiten
- 750
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch