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Anderen verrathen. Die Sagen von verborgenen Schätzen wiederholen sich übrigens in
den mannigfachsten Varianten bei unzähligen Orten, namentlich aber bei prähistorischen
Burgwällen. Unverhofft öffnet sich irgend einem glücklichen Menschenkinde die goldspendende
Unterwelt, leider wird in der Regel die schöne Gelegenheit versäumt — und kehrt nicht
mehr wieder.
Nur die Schwarzkünstler (cernokneSmci) kennen sich in diesen unterirdischen
Labyrinthen, namentlich im Radhost, aus, den sie von Zeit zu Zeit in Begleitung eines
armen, biederen Walachen aufsuchen, welchem sie gestatten, auch für sich etwas von
den Schätzen mitzunehmen. Eine merkwürdige Übereinstimmung besteht zwischen diesen
mährisch-walachischen eernokneZniei, die keineswegs mit gewöhnlichen Zauberern zu
identificireu sind, und dem kroatisch-magyarischen Aradanciüs Hak, sowie auch dem
rumänischen Solomonar. Auch der mährische eernollneZnik erscheint wie ein Priester
gekleidet und seine Hauptkunst besteht ebenfalls in der Bezwingung des Gewitter erzeugenden
Drachen, den er aus dem Karlovitzer See (bei Roznan) heraufbeschwört, um auf demselben
fortzufliegen. So erscheint er dem Volke als ein Wohlthäter, der die Gegend von Land-
plagen befreit. Überhaupt wird dieser echte öernokrMnik als ein gutmüthiges Individuum
geschildert, das dem armen Gebirgsbewohner ungeahnt zu Reichthümern verhilft, dafür
nichts als Milch von einer schwarzen Kuh und Eier von einer schwarzen Henne beansprucht,
in seiner unterirdischen Wohnung eine Unmasse von Zauberbüchern verwahrt und überhaupt
ein geheimnißvolles Dasein führt. Selbst darin, wie die eernokiMrüei entstehen, stimmt
die mährische Überlieferung mit der kroatischen überein. Von dreizehn Candidaten des
Priesterstandes geräth nämlich immer einer auf Abwege, besucht die hohe Schule des
Teufels und es wird aus ihm ein eerlioknö^mk. Und sowie der FradaneiäL in Bologna
studirt, so gravitirt wieder die Sippe der mährischen cornoknöZniei nach Prag, wo sie
in einem gemeinschaftlichen Hause wohnen sollen und wohin sie mit so manchem biederen
walachischen und flovakifchen Hirten auf ihrem Zaubermantel abenteuerliche Luftfahrten
unternommen haben. Es liegt nahe, daß auch die mährischen eernokneZnici fahrende
Studenten gewesen sind, die einst die Prager Universität bezogen und durch ihre alchymi-
stischen Kunststücke beim Volke in den Ruf vou Schwarzkünstlern kamen. Nach einer
anderen Erklärung würden sich aber unter diesen geheimnißvollen Wesen die verdrängten
Priester des altslavischen Ritus verbergen. Im Laufe der Zeiten hat die Volksphantasie
den unverfälschten Typus des öernoklieönik allerdings auch mit Eigenschaften ausgestattet,
die ihn den usuellen Zauberern und Hexenmeistern viel näher bringen. Hauptsächlich wird
ihm die Kunst zugeschrieben, sich in verschiedene Thiere und auch leblose Sachen zu
verwandeln; ein solcher Schwarzkünstler ist dann allerdings nicht mehr so harmlos wie der
echte cemoknötziuk. So ein bösartiger Zauberer war auch jener, der unter dem malerischen
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Mähren und Schlesien, Band 17"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Mähren und Schlesien, Band 17
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Mähren und Schlesien
- Band
- 17
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1897
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.42 x 21.88 cm
- Seiten
- 750
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch