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gegenüber in den Angen dieses Volkes eine so große Sünde, daß selbst der Tensel, der
einem Armen das Almosen stiehlt, sogar für die Hölle zu schlecht ist, in derselben nicht
geduldet wird und zur Strafe dafür drei Jahre auf der Erde dienen muß. Nur in dem
Kampfe mit dem Bösen ist es dem Märchenhelden gestattet, von jeder Waffe und Kampf-
weise Gebrauch zu machen, mag sie anch nicht gerade mit den Gesetzen der Ritterlichkeit
vereinbar sein. Diese mehr humoristische Rolle wird gewöhnlich dem Schuster zugetheilt,
der den Teufel immer auf recht drollige Art zu hintergehen versteht.
Die eigentlichen Marchenhelden sind zumeist den unteren Volksschichten entnommen:
redliche Handwerker, schlichte Bauern, Hirten und derbe Soldaten sind jene Auserwählten,
denen es vorbehalten ist, die Aufgabe zu lösen und dadurch zu den höchste» Würden der
Märchenwelt zu gelangen. Trotz seiner Anspruchslosigkeit denkt das Volk von sich nicht
geringschätzig. Selbst ein Prinz erachtet es im Märchen keineswegs unter seiner Würde,
in walachischer Volkstracht als Hirt verkleidet um die Gunst einer Prinzessin zu werben.
INusik.
In der Cultur des von der Natur gesegneten Landes Mähren nimmt das Musik-
leben eine hervorragende Stellung ein. Es ist jedoch nicht etwa eine Schöpfung der
neueren Zeit, fouderu hat ihre Wurzeln in einer viel früheren, welche spätestens mit der
Christianisirnng des Landes beginnt. Mit der Einführung des abendländischen Christen-
thums wurden die lateinische Kirchenmusik, römische Lieder nnd Melodien nach den
böhmischen Ländern verpflanzt, während sich mit der Zeit Alles verlor, was sich von dem
dnrch die Slavenapostel Cyrill und Method in Mähren eingeführten slavischen Cnltns
erhalten hatte. Da sich indeß die Kirchenmusik uud besonders der Gregorianische Kirchen-
gesang uniform uud ausschließend von Rom aus über die ganze abendländische Christen-
welt verbreitete, kaun von Eigenthümlichkeiten Mährens in den ältesten Zeiten nur etwa
insoweit die Rede sein, als der Olmützer Domdechant Balduin (1190 bis 120l), ein
geborner Römer, zuerst deu Kirchengesang für Tag- und Nachtzeiten regelte und dazu auf
eigene Kosten die nöthigen Choralbücher in Menge beischaffte, auch selbst mehrere Stücke
dieser Art componirte, während Hieronymus de Moravia (um 1260 Dominicaner im
Kloster der Rue St. Jacques zu Paris) als Tonkünstler und Musiklehrer glänzte.
Hieronymus ist einer der ältesten Mensuralschriftsteller und seine Bedeutung mag daraus
erhellen, daß sein Traktat Do inusica in neuester Zeit wieder abgedruckt wurde. Weiter
verdient auch der Olmützer Bischof Johann von Nenmarkt (1364 bis 1380) Erwähnung,
der sich in seinen Briefen (cuncellaria) als ein großer Verehrer und Förderer des Kirchen-
gesauges und auch der profaueu Musik kuudgibt. Uuter seine» Familiaren (kamiliures
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Mähren und Schlesien, Band 17"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Mähren und Schlesien, Band 17
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Mähren und Schlesien
- Band
- 17
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1897
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.42 x 21.88 cm
- Seiten
- 750
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch