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„Wiens poetische Schwingen und Federn"; die scharfe und schonungslose Kritik in diesem
Werke ließen ihn Verfolgungen besorgen, er übersiedelte daher nach Dresden, welche
Stadt er zu seinem dauernden Aufenthalte wählte. Erst in späterer Zeit ließ er sich in
Brünn nieder, um seinem Sohn, dem praktischen Arzt Doctor Hermann Landesmann,
nahe zu sein. Lorms zahlreiche Romane und Erzählungen sind keine leichte Leetüre, sie
sind Erzeugnisse eines Denkers für denkende Leser. Die schönsten Novellen enthalten
die Sammlungen: „Geflügelte Stunden" und „Märchen der Gegenwart". Von seinen
Romanen nennen wir vor allem „Gabriel Solmar", „Todte Schuld", „Der ehrliche
Name", „Außerhalb der Gesellschaft". „Die Alten und die Jungen" und „Der
Herzensschlüssel" sind reizende Lustspiele. Seine philosophischen Anschauungen finden den
prägnantesten und zugleich formvollendetsten Ausdruck in den Werken: „Der Naturgenuß"
und „Natur und Geist in dem Verhältniß zu den Culturepochen" nnd „Der grundlose
Optimismus".
Manches Verwandte in dem philosophischen Zuge, den seine dichterische Physiognomie
im Vergleich mit Lorm ausweist, hat ein jüngerer Dichter, der wohl noch zu bedeutenden
Hoffnungen berechtigt. Es ist dies der im Jahre 1859 zu Mährisch-Weißkircheu geborene
Dr. I. I. David, dessen Romane: „Das Höferecht" und „Das Blut", sowie die Novellen-
sammlung „Die Wiedergeborenen" (sie spielen im Zeitalter der Renaissance) mit Recht
ihres eigenartig tiefen Gehaltes und ihrer plastischen Schilderung wegen Aufsehen erregten;
auch als Lyriker hat er sich bemerkbar gemacht.
Die Eigenschaften einer zart empfindenden Dichterin und eines klar durchgebildeten
philosophischen Geistes vereinigt Mährens bedeutendste Schriftstellerin, Mar i a Fre i f rau
vou Ebner-Eschenbach. Viele ihrer Erzählungen, wie z. B. „Bozena" oder der
ergreifende Roman: „Das Gemeindekind" wurzeln so recht im heimischen Boden.
Erquickender Humor und tiefer Ernst, der aus einem reichen Gedankenleben quillt, sind
ihr in gleichem Maße eigen. Besonders zeichnet sie der durchdringende Scharfblick aus,
mit dem sie ihre Gestalten der Natur nachzeichnet und ins Innerste ihres Seelenlebens
eindringt. Dies offenbart sich in ihren „Erzählungen", unter denen die Geschichte „Ein
Spätgeborener" von rührender Wahrheit ist, ebenso in ihrem ergreifenden Roman
„Unsühnbar". Wahre Perlen echter Gedankendichtung enthält das Buch: „Parabeln,
Märchen und Gedichte". Von diesem besonders gelten ihre eigenen Verse, die sie selbst am
besten charakterisiren:
Verständniß für jedwedes Leid,
Erbarmen mit jedwedem Fehle: Daran in dieser Zeitlichkeit
Erkennst du die erwählte Seele.
Frau Maria vou Ebner-Eschenbach ist eine geborene Gräfin Dubsky und auf dem
Schlosse Zdiflavitz am 13. September 1830 geboren; 1848 vermählte sie sich mit dem
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Mähren und Schlesien, Band 17"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Mähren und Schlesien, Band 17
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Mähren und Schlesien
- Band
- 17
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1897
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.42 x 21.88 cm
- Seiten
- 750
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch