Seite - 358 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Mähren und Schlesien, Band 17
Bild der Seite - 358 -
Text der Seite - 358 -
358
Darüber war der ganzen Thorbreite nach ein reicher Nischenfries, aus dessen fensterartig
gebildeten Nischen einzelne Figuren heraus saheu. Über den höher hinauf reichenden
Theil geben die erhaltenen Zeichnungen keinen Aufschluß.
Noch ein viel reicheres Architekturwerk dieser Art, eine hervorragende Leistung der
Spätgothik, ist uns in dem schönen Brünner Rathhauspor ta l vollständig erhalten;
es ist höchst wahrscheinlich auch von Pilgram erbaut. Die im Rundbogen geschlossene Thor-
öffnung wird durch eine üppige Profilirnng der Leibung mächtig ausgeweitet und schließt
mit einem Eselsrücken (Kielbogen) nach oben zu ab; aus dem Thorprofil steigen die
äußersten Ruudstäbe zu einem hohen Fialenbau auf, unter dessen unteren Baldachinen
zwei Schwert und Schild haltende Stadtsöldner stehen, während von dem Thorbogen-
schluß durch weitere kielbogenartige Durchschneidungen der Prosilleisten noch drei höher
reichende Fialenaufbauten losgehen; zwei davon tragen Rathsherrnfiguren, die mittlere,
höher oben, die (barocke) Figur der Justitia. Interessant ist die Art der kreuzblumeu-
artigen Capitälbilduugeu, die Anordnung der Baldachine und der krabbengeschmückten
Riesen, deren mittlerer, höchstreichender, mehrfach gekrümmt und gewunden hergestellt
wurde. Die Figuren sind ausdrucksvoll und charakteristisch, insbesondere die zwei
Figuren der Rathsherren recht lebensvoll gestaltet. Die Justitia uud das Wappeu
stammen aus späterer Zeit, letzteres aus der Zeit Ferdinands II., welcher der Stadt Brünn
ein verbessertes Wappen gegeben hat.
Die Gothik führt uns auch ein noch erhaltenes, in einem Schlußstein angebrachtes
Esfeetivporträt, das des Baumeisters der Olmützer St. Manrizkirche vom Jahre 1483
vor; es ist ein Mann im besten Alter in der Kleidung der damaligen Zeit, mit lang
herabfallendem Kopfhaar, sehr intelligentem, ausdrucksvollem Gesicht; eine zweite Porträt-
büste ist die Meister Pilgrams von Brünn in der Wiener Stefanskirche, an welcher er
von 1506 bis 1511 beschäftigt war.
Mit diesen Porträtbüsten und der Zeit, aus welcher sie stammen, finden wir
den Übergang zu der Plastik der Renaissauce, welche uns gleich bei ihrem ersten
Auftreten in Mähren zugleich auch zwei interessante Porträtmedaillons gebracht hat; es
sind dies zwei bei dem Trübauer Schloßthor angebrachte Rundmedail lons,
die Erbauer des Schlosses, Ladislaus von Boskovitz und seine Gemalin Magdalena
von Dnba und Lipa darstellend; sie sind mit 1495 datirt, aus weißem Stein gemeißelt,
jetzt abscheulich dunkelbraun gestrichen. Boskovitz ist ein junger, hübscher Mann mit
Barett und Schwungfeder, in der eleganten, reichen, ritterlich höfischen Kleidung seiner
Zeit dargestellt. Magdalena hat ein reiches Obergewand, einen über der Brust faltig
gelegten Hemdbesatz und ein zierliches Häubchen, von welchem der lange Schleier über
Hals uud Rücken herabfällt. Die Medaillons zeigen eine richtige Zeichnung, sorgfältige,
zurück zum
Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Mähren und Schlesien, Band 17"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Mähren und Schlesien, Band 17
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Mähren und Schlesien
- Band
- 17
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1897
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.42 x 21.88 cm
- Seiten
- 750
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch