Seite - 466 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Mähren und Schlesien, Band 17
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Zuckerrübe wird nicht allein durch die Beschaffenheit des Bodens, sondern auch durch die
Eigenthumsverhältnisse des Grundbesitzes gefördert.
Diese letzteren spielen überhaupt in der Volkswirthschaft Mährens eine bedeutsame
Rolle. Während einerseits der Großgrundbesitz für wichtige Zweige des modernen
Agriculturbetriebes die Voraussetzung bildet, animirt anderseits eine schon in frühen Zeiten
weitgehende Theilung von Grund und Boden die Landleute zu industrieller Nebenarbeit,
welche ihrerseits wiederum der vorhandenen Tendenz kräftiger Volksvermehrung nur
förderlich wird. Häufig ist der Industrie-Arbeiter zugleich kleiner Grundbesitzer, in gewissen
Zeiten des Jahres auch Agrararbeiter.
Fernab vom Meere gelegen, ohne genügende Wasserstraßen, bietet Mähren seinem
Handel nicht jene natürlichen Vortheile, welche dessen Entwicklung über den Rahmen des
nationalen Bedarfes hinaus zum Welthandel bedingen würde. Seit altersher war es
ein Durchzugsgebiet für den Verkehr von Süden nach dem Norden und Nordosten
Europa's. Dies ist es geblieben. Drei große, radial von Wien ausgehende Eisenbahnen
durchschneiden, ihren fernen Zielen mit thunlichster Raschheit zueilend, das Land. Die
Schienenverbindungen in westöstlicher Richtung sind nicht befriedigend und stammen zum
Theile aus so junger Zeit, daß sie bisher keinen maßgebenden Einfluß auf das wirthschaftliche
Leben zu nehmen vermochten. Hierin liegt die Erklärung dafür, daß die Markgraf-
schaft kein eommercielles Centrum besitzt, daß die einzelnen Gegenden und Industrien
nur in geringer landsmannschaftlicher Fühlung miteinander stehen und daß seit dem
definitiven Rückgange des Marktwesens auch von einem specifisch mährischen Großhandel
kaum mehr die Rede sein kann.
Die eigentlich spekulative Handelsthätigkeit ist heute nur schwach vertreten. Arbeitslust
und Wagemuth des Mährers ziehen das Gebiet der Waarenerzeugung vor. Ein nüchterner
Zug nach dem Erreichbaren und Praktischen beherrscht sein Thun und Lassen. Er ist
unermüdlich in der Verwerthung technischer Fortschritte, nicht sehr fruchtbar in eigenen
Erfindungen. Er ist der treneste Pfleger und Hüter des heimischen Marktes, doch kein
allzu kühner Pfadfinder auf den Wegen des Exportes. Er stellt seine Phantasie gerne in
den Dienst der Mode, nur selten in den Dienst der Kunst. Vorsichtig und pflichtbewußt
in seiner Geldgebaruug, ist er in den schweren Zeiten stockender Zahlungen ein gegen
sich selbst strenger Schuldner, aber ein nachsichtiger Gläubiger.
Die mährische Industrie zeichnet sich durch außerordentliche Mannigfaltigkeit
der Prodnetion aus. In erster Linie ist die Wollindustrie zu nennen. Sie ist durchaus
modern und doch zugleich ehrwürdigen Alters. Mährens Schafwollspinnerei und
Weberei waren ursprünglich Gegenstand der ländlichen Heimarbeit; der Bedarf der
Familie wurde von den Hausgenossen erzeugt. Doch schon in frühen Zeiten finden sich
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Mähren und Schlesien, Band 17
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Mähren und Schlesien
- Band
- 17
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1897
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.42 x 21.88 cm
- Seiten
- 750
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch