Seite - 472 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Mähren und Schlesien, Band 17
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Die Wollindustrie ist in zahlreichen Orten Mährens, am stärksten aber in Brünn
vertreten. Diese Stadt ist anch in commercieller Beziehung der maßgebende Platz Österreichs
für Herrenmodewaare. Es kauu jedoch nicht verhehlt werden, daß in den letzten Jahren sich
die nordböhmische Concnrrenz sehr sühlbar gemacht hat. Derselben stehen mit bedeutendem
Capitalaufwand in großem Stile eingerichtete und betriebene Fabriken zn Gebote, während
die Mehrzahl der mährischen Etablissements zu den mittelgroßen Fabriken gehört.
Der Export ist ein namhafter und ein weitverzweigter. Nach dem Orient bedient
er sich der Vermittlung der außerordentlich wichtigen Consectionsindustrie, welche
ihren Hauptsitz in Proßnitz hat. Brünner Modewaare, Tuch und Shawls gehen nach
Italien, Frankreich, Dentschland, Rumänien, Serbien und dem Orient, Amerika u. a.
Die mährische Seidenindustr ie ist ein expatriirtes Wiener Kind. An Bemühungen,
die Seidencultur in unserem Kronlande einzuführen, hat es namentlich zur Zeit der
Herrschast der josefinischen Wirthschastspolilik nicht gefehlt. Die mehrfach unternommenen
Versuche waren in erster Linie auf die Einbürgerung der Seidenraupenzucht gerichtet.
Nennenswerthen Erfolg hatten sie jedoch nicht. Wenn die Markgrasschast heute eine auf
der höchsten Stufe der Leistungsfähigkeit stehende Seidenindustrie besitzt, welche durch
einen weitverzweigten Export ihre Concurrenzfähigkeit auf dem Weltmarkte darthut, so ist
dies zunächst auf die Waudluug in den wirthschaftlichen Verhältnissen Wiens, dem einstigen
Hauptquartier der österreichischen Seidenindustrie, zurückzuführen. Die Entwicklung Wiens
znr modernen Großstadt hatte die Bedingungen der gewerblichen Productiou daselbst
außerordentlich verschoben. Wollte die vaterländische Seidenindustrie überhaupt den
technischen Fortschritten der Neuzeit, zumal durch Einrichtung der mechanischen Weberei,
Rechnung tragen, dann war sie, insbesondere im Hinblick ans die Lebensführung der
Arbeiter, zur Auswanderung aus der Reichshauptstadt genöthigt. Begreiflicherweise suchte
man jene Gegenden auf, wo eine seit altersher mit der Webekunst vertraute Bevölkerung
einen Überfluß an geschickten Händen darbot. So ist das einst specifisch wienerische
Gewerbe des Brillantengrnndes in Mähren, vorzüglich in dessen nördlichem Theile, neu
gekräftigt wieder auferstanden.
Die Leinenwaarenerzeugung der Markgrafschaft ist uralten Datums. Ur-
sprünglich hausindustriell und handwerksmäßig betrieben, hat sich dieser Erwerbszweig
im Norden des Landes bereits in früheren Zeiten zu ansehnlicher Bedeutung, auch für den
auswärtigen Handel entwickelt. Ganz analog liegen die Verhältnisse bei der viel jüngeren
Banmwollwaarenerzeuguug, welche der Leinenindustrie manches Gebiet erfolgreich
bestritt, heute aber mit der älteren Schwester in vielfacher Beziehung, namentlich insoweit
beide auf Heimarbeit beruhen, enge verbunden ist. Das Verlagssystem gelangte zu großer
Blüte und ist in der Weberei noch heute vorherrschend. Nichtsdestoweniger vollzieht sich
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Mähren und Schlesien, Band 17"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Mähren und Schlesien, Band 17
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Mähren und Schlesien
- Band
- 17
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1897
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.42 x 21.88 cm
- Seiten
- 750
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch